„Ökomodellregion Hannover“ soll Anteil an ökologisch angebauten Lebensmitteln erhöhen

Ökomodellregion
Sabine Tegtmeyer-Dette, Erste Stadträtin und Wirtschafts- und Umweltdezernentin der Landeshauptstadt Hannover, und Staatssekretär Prof. Dr. Ludwig Theuvsen (Mitte) vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bei der von Frederic Pein (rechts) betriebenen Bio-Gärtnerei Rothenfeld in Isernhagen-Neuwarmbüchen. Quelle: Landeshauptstadt Hannover.

Hannover. Staatssekretär Prof. Dr. Ludwig Theuvsen vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) hat am 26. Juli das Projekt „Ökomodellregion Hannover“ besucht. Sein erster Weg führte ihn zur Gärtnerei Rothenfeld in Neuwarmbüchen (Gemeinde Isernhagen). Die zweite Station war das Depot der „Solidarischen Landwirtschaft“ in Hannover-Kirchrode.

„Die Öko-Modellregionen tragen dazu bei, unsere regionale Landwirtschaft zu stärken und neue Bio-Wertschöpfungsketten aufzubauen. Die Nachfrage nach ‚mehr Bio‘ ist da, die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: In Deutschland wurden 2020 etwa 15 Milliarden Euro mit Bio-Lebensmitteln umgesetzt, das ist ein Plus von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wir möchten Bio-Lebensmittel – aber aus Niedersachsen! Gleichzeitig unterstützen die Öko-Modellregionen unseren ‚Niedersächsischen Weg‘, den Anteil der ökologischen Landwirtschaft in Niedersachsen weiter auszubauen“, betonte Agrar-Staatssekretär Prof. Theuvsen.

„Der Besuch von Staatssekretär Prof. Dr. Ludwig Theuvsen steht ganz im Zeichen der Regionalvermarktung, denn die ausgewählten Stationen seines Besuches sollen demonstrieren, wie zeitgemäße Vermarktung unter ökologischen und regionalen Aspekten funktionieren kann“, erläuterte Hannovers Erste Stadträtin und Wirtschafts- und Umweltdezernentin Sabine Tegtmeyer-Dette den Themenschwerpunkt der Veranstaltung.

Die Ökomodellregion Hannover ist im Dezember 2020 gestartet und kann sich dank einer Förderung des Ministeriums in Höhe von bis zu 60.000 Euro jährlich noch bis November 2022 für mehr Ökolandbau im Umland von Hannover einsetzen. Das Projekt der Landeshauptstadt, mit dem Leitmotiv „Urbanität als Chance“, fokussiert sich auf die Förderung der Regionalvermarktung und die Information der Verbraucher*innen über die Produktion und die Vermarktung von regionalen Produkten. Dies geschieht vor dem Hintergrund folgender Rahmenbedingungen einer Großstadt: Trotz der großen potenziellen Absatzmärkte durch die vielen Verbraucher*innen war der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen 2020 in der Region Hannover mit 5,2 Prozent lediglich durchschnittlich. Im Rahmen des „Agrikulturprogramms“ der Landeshauptstadt Hannover, das im Fachbereich Umwelt und Stadtgrün umgesetzt wird, werden seit 2017 die stadteigenen Landwirtschaftsflächen bei einer Neuverpachtung bevorzugt an Ökolandwirt*innen vergeben. So tragen sowohl das Agrikulturprogramm als auch die Ökomodellregion zu den Zielen des Niedersächsischen Weges bei. Dort ist vorgesehen, den Anteil des Ökolandbaus in Niedersachsen bis 2025 auf 10 Prozent zu verdoppeln und bis 2030 sogar 15 Prozent ökologisch bewirtschaftete Landwirtschaftsflächen zu erreichen.

Gärtnerei Rothenfeld

Die Bio-Gemüsegärtnerei Rothenfeld in Neuwarmbüchen verdeutlichte, wie eine vielseitige Vermarktungsstruktur umgesetzt werden kann: Beliefert werden Betriebskantinen, Bioläden und Verbrauchergemeinschaften in der Stadt Hannover. Über den eigenen Hofladen werden neben dem selbst angebauten Gemüse auch Produkte von umliegenden Bio-Betrieben vertrieben. Ein wichtiger Vermarktungspartner ist die Gemüsekiste aus Hemmingen-Hiddestorf. „Wir haben uns von einem Pionier der regionalen Online-Vermarktung zu einem etablierten Abo-Kistenanbieter für Privathaushalte und Büros entwickelt“, betonte Mark Reinert von der Gemüsekiste. Neben der Gärtnerei wird die Gemüsekiste von weiteren Biobetrieben beliefert, die neben Obst und Gemüse auch Fleisch erzeugen. Die Gemüsekiste setzt, wo immer es möglich ist, auf regionale Erzeugnisse. Aufgrund von fehlenden Wertschöpfungsketten können jedoch viele ökologische Erzeugnisse nicht in der Region gehalten werden. Es mangelt an zertifizierten Schlachtereien, Mühlen und Molkereien. Hier zeigen sich die Grenzen der Regionalvermarktung. Im Bereich der Wertschöpfungsketten gibt es nicht nur in Hannover noch viel Entwicklungspotential für die Ökomodellregionen.

Challenge und App

Zunächst jedoch konzentriert sich die Ökomodellregion auf die Förderung der bestehenden Regionalvermarktung. Vom 13. bis 19. September ruft die Ökomodellregion zur „Bio-Regio-Challenge“ auf: Die Herausforderung ist, sich eine Woche nur mit bioregionalen Produkten zu ernähren. Mit der Aktion wird nicht nur die regionale Direktvermarktung gefördert, sondern auch intensiv für bioregionale Ernährung geworben. Mit einem bunten Begleitprogramm werden die Teilnehmenden dazu animiert, ihre Ernährungsgewohnheiten zu überdenken und die direktvermarktenden Betriebe in der Umgebung kennenzulernen. So soll auch die Kaufbereitschaft für bioregionale Produkte langfristiger gefördert werden. Nähere Informationen zur Aktionswoche unter: www.hannover.de/regio-challenge.

Ein weiteres Projekt zur Verbesserung der Regionalvermarktung ist die Förderung eines digitalen Einkaufsführers: Über die Smartphone-Anwendung „Regio-App“ kann digital nach Einkaufsmöglichkeiten regionaler Produkte in der Nähe gesucht werden. Hier sollen bis Herbst möglichst viele der Bio-Direktvermarkter aus dem hannoverschen Umland zu finden sein.

Solidarische Landwirtschaft

Die zweite Station des Besuches aus dem Ministerium war in Hannover-Kirchrode bei einem Depot der Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) Hannover. Eine SoLaWi ist ein besonderes Vermarktungsmodell und funktioniert wie folgt: Alle Mitglieder zahlen den Landwirt*innen einen festen Monatsbeitrag und erhalten dafür einen Ernte-Anteil – der je nach Ernteerfolg und Jahreszeit unterschiedlich üppig ausfällt. Die Kooperation garantiert dem Betrieb die wirtschaftliche Existenzsicherung und den Mitgliedern hochwertige Produkte aus fairer Regionalvermarktung. Die Waren können wohnortnah in den Depots der SoLaWis abgeholt werden. Der intensive Austausch zwischen Erzeuger*innen und den Mitgliedern sowie die Möglichkeit, freiwillig auf dem Hof mitzuarbeiten, ermöglicht einen Einblick, woher das Gemüse stammt und welche Arbeit dahintersteht – ein wichtiger Aspekt in Zeiten zunehmender Entfremdung zwischen Städter*innen und der Landwirtschaft.

Während Martin Ingelmann mit der 2018 gegründeten SoLaWi Hannover derzeit expandiert und ab Herbst auch Flächen in der Stadt bewirtschaftet, berichtete auch Sabine Adam, Landwirtin vom Gut Adolphshof, bei dem Termin über die Erfolge und Herausforderungen der ersten SoLaWi in Raum Hannover.

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