Verwaltung legt ersten Sucht- und Drogenbericht vor

Hannover. Hannover ist als größte Stadt Niedersachsens und auf Grund seiner zentralen Lage spätestens seit den 1970er Jahren besonders mit den Folgen von Handel und Konsum illegaler und legaler Suchtmittel befasst. Anfang der 1990er Jahre gehörte es zu den zehn bundesdeutschen Ballungszentren mit dem stärksten Drogenhandel und der größten Anzahl von Drogenabhängigen und –toten. Die Erkenntnis, dass es sich bei der Sucht- und Drogenproblematik um ein gesamtgesellschaftliches Phänomen handelt, das ganzheitliche Interventionsstrategien erfordert, änderte die Ausrichtung der Drogenarbeit auf kommunaler Ebene in Hannover. In enger Zusammenarbeit von Politik und Verwaltung, freien Trägern, Polizei und Justiz ist es gelungen, eine Trendwende herbeizuführen. Heute liegen Stadt und Region zum Beispiel bei den drogenbedingten Todesfällen deutlich unter dem Bundestrend.

Dieses stellt der erste Sucht- und Drogenbericht der Stadt Hannover dar.

„Mit dem jetzt vorliegenden Sucht- und Drogenbericht kommt die Verwaltung einem Wunsch des Rates nach, die Entwicklung der vergangenen Jahre nachzuzeichnen, bis hin zur aktuellen Situation im Jahr 2015. Der Bericht wird künftig jährlich fortgesetzt. Es gilt, den zusammen mit allen Partnern erfolgreich eingeschlagenen Weg im Umgang mit Sucht, Drogen und abhängigen Menschen fortzusetzen und dabei frühzeitig auf sich verändernde Rahmenbedingungen einzugehen,“ unterstreicht Sozialdezernentin Konstanze Beckedorf. „Denn es bleibt dabei: Menschen zu helfen, die sich aus eigener Kraft nicht aus problematischen Lebenssituationen befreien können, ist mehr als Hilfe im Einzelfall. Zusammen mit breit aufgestellten Präventionsbemühungen bedeuten diese Hilfen, das soziale Miteinander und soziale Klima der Stadt weiter nachhaltig zu fördern.“

 

 


Meilensteine der vergangenen Jahre

Neben Hamburg, Berlin und Frankfurt wird in Hannover 1990 erstmals ein Drogenbeauftragter eingesetzt, als Netzwerker, „Verbinder“ zwischen allen für die Sucht-und Drogenhilfe relevanten Beteiligten und der Verwaltung.

Einrichtung des Runden Drogentisches 1990, um unter Leitung des zuständigen Dezernenten unterschiedliche Aktivitäten der Drogenhilfe und –bekämpfung zu koordinieren und mit allen für die Sucht-und Drogenhilfe relevanten gesellschaftlichen Gruppen neue Projektideen vorzuschlagen. Die Umbenennung 2012 in „Runder Tisch Sucht und Drogen“ nimmt die Themenerweiterung auf von den illegalen Suchtsubstanzen bis hin zu gesellschaftlich akzeptierten Suchtmitteln (Alkohol, Nikotin) und substanzungebundenen Süchten (zum Beispiel Glücksspiel oder Internet).

 

 

Entwicklung von sechs Eckpfeilern der Drogenbekämpfung und Suchthilfe durch den Runden Tisch:

– Prävention

– niedrigschwellige Angebote (Tagesanlaufstellen und Übernachtungsangebote)

– Beratung und Behandlung (medizinisch und psychosozial)

– stationäre Therapie

– Therapienachsorge (Schule, Arbeit, Freizeitangebote)

– polizeiliche und ordnungsrechtliche Maßnahmen

– 1997 Eröffnung eines der ersten Drogenkonsum-Räume in Deutschland (Fixpunkt)

– Reduzierung der offenen Drogenszene

– Etablierung eines differenzierten Drogen-und Suchthilfesystems (Übersicht der Einrichtungen und Maßnahmen siehe Bericht, Drucksache 1105/2016, Seite 6)

 

 

Mit der Folge, dass

– die Zahl von rund 5.000 bis 6.000 Opiatabhängigen seit drei Jahren rückläufig ist

– davon zurzeit rund 2.500 Personen pro Jahr in Behandlung sind, allein 1.700 in Methadonsubstitutionsprogrammen

– die Zahl der drogenbedingten Todesfälle in Stadt und Region Hannover von 58 im Jahr 1991, beziehungsweise 65 (1992) auf 12 im Jahr 2015 zurückgegangen ist.

– Aufstockung der kommunalen Finanzmittel seit 1988 (etwa 220.000 Euro) auf rund 1,6 Millionen Euro im Jahr 2015 und 2016 (50 Prozent werden jeweils von Region Hannover und Stadt      Hannover getragen)

– Im August 2002 startete in sieben bundesdeutschen Städten (Bonn, Frankfurt a. Main, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Köln und München) ein Projekt zur Diamorphin-gestützten Behandlung Opiatabhängiger, welches mittlerweile erfolgreich abgeschlossen ist und seit Oktober 2010 in die Regelversorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen überführt werden konnte. Diese Behandlung wird mittlerweile dauerhaft in einer Schwerpunktambulanz der MHH durchgeführt

 

 

Herausforderungen und Aufgaben

 

Bei substanzabhängigen Themenstellungen

– Alkoholprävention

– Zusammenarbeit mit Schulen (Alkohol-Aktions-Tag, Projektwochen, Unterrichtsbegleitung, Alkoholpräventionstag im Cinemaxx)

– Jugendschutz auf Großveranstaltungen (Rote Fans sind nicht blau, Aktionswoche ohne Alkohol, alkohol- und nikotinfreier Wagen im 96-Fan-Zug), MultiplikatorInnen–Schulung zur Alkoholprävention, Präventionsprojekte wie „Mehr Fun weniger Alkohol“

– Beteiligung am Alkoholpräventionsprojekt HALT

– Konsum von legalen Medikamenten als „Gehirndoping“ in Schulen, Universitäten und im Berufsleben

– Illegal hergestellte, neue psychoaktive Substanzen

– Exzessiver Cannabis und/oder Marihuanakonsum

– Beratung von Konsumenten von Legal-Highs;

– Suchtmittelabhängige ältere Menschen;

– Sucht- und Drogenberatung in Flüchtlingsunterkünften.

 

 

Bei substanzunabhängigen Themenstellungen:

– Glücksspielsucht

– Exzessiver Medienkonsum

– Gaming und Gambling im Internet

 

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