Stadt- und Gemeindekämmerer fordern eine verlässliche Perspektive für die Kreisfinanzen

Lübbecke/Minden. Trotz Steuereinnahmen des Bundes in Rekordhöhe, trotz Mehreinnahmen auch beim Land, trotz beschlossener Entlastungen bei den Sozialleistungen, ist die finanzielle Lage in den meisten Städten und Gemeinden des Kreises Minden-Lübbecke nach wie vor sehr angespannt. „Es kann und darf nicht sein, dass Entscheidungen und Planungen von Bund und Land zur Entlastung der Kommunen vor Ort nicht ankommen. Der Kreis Minden-Lübbecke ist in der Pflicht, seine Kommunen an den bereits umgesetzten und geplanten Entlastungen zu beteiligen“, machten die Kämmerer der elf Kommunen bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Perspektive Kreisfinanzen 2015-2020“ in Lübbecke am 8. Mai deutlich.

 

Zu den Forderungen der Kämmerer der kreisangehörigen Gemeinden an den Kreis Minden-Lübbecke gehört neben einer Entlastung der Haushalte auch mehr Transparenz bei der Kreisumlage und der Kreisplanung sowie eine Überprüfung des KreisAufgabenportfolios. „Ein Prozess für eine strategische Kreisentwicklung ist unverzichtbar“, stellen die leitenden Finanzexperten der Verwaltungen heraus.

 

Mit dem Umlagengenehmigungsgesetz habe das Land Nordrhein-Westfalen bewusst auf ein gemeinsames, konstruktives Zusammenwirken der Umlageverbände – hier des Kreises Minden-Lübbecke – mit den kreisangehörigen Kommunen gesetzt. „Vor dem Hintergrund der äußerst schwierigen Haushaltssituationen in den meisten Kommunen des Kreises Minden-Lübbecke ist es dringend geboten, gemeinsam, vertrauensvoll und offen bei der Finanzplanung und -ausführung miteinander umzugehen“, so die Kämmerer.

 

Gemeinden, Städte und Landkreise werden seit dem Jahr 2014 um 1,1 Milliarden Euro von der Grundsicherung (SGB XII) entlastet. Im Rahmen der Verabschiedung eines Bundesteilhabegesetzes sollen die Kommunen im Umfang von weiteren bis zu 5 Milliarden Euro jährlich von der Eingliederungshilfe entlastet werden. Diese Entlastungen machen den Kämmerern Mut; leider sei aber bislang von den bereits realisierten Entlastungen bei der Grundsicherung nichts in den Stadt- und Gemeindehaushalten des Kreises Minden-Lübbecke angekommen.

 

Der Kreis habe in seiner Haushaltsplanung für 2012 selbst die Aussage getroffen, „dass durch die Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten des SGB XII auf 100 Prozent der Aufwendungen, eine echte Entlastung in diesem Bereich eintreten wird und eine vollständige Weitergabe dieser Entlastungswirkung an die Kommunen durch eine Senkung des Hebesatzes für die allgemeine Kreisumlage geplant ist. „Von dieser Planung ist nichts übrig geblieben“, resümieren die Finanzfachleute. Im Vorbericht zum Kreishaushalt 2014 heiße es dazu nun, dass die erhöhte Bundesbeteiligung zwar zu einer Steigerung der Erträge im Kreishaushalt geführt habe, dies jedoch in gleichem Zuge durch Steigerungen im Aufwand kompensiert werde.

 

In den Kommunen stelle sich inzwischen die Frage, ob die weiteren geplanten Entlastungen im Bereich der Eingliederungshilfe ebenso an anderen Stellen versickern und vor Ort nichts übrig bleibe. Solidarität habe etwas mit „teilen“ zu tun. Das haben die Kämmerer und Bürgermeister mehrfach in ihren Stellungnahmen zu den Kreishaushalten deutlich gemacht. „Messbar“ angekommen und umgesetzt sei von diesen Forderungen bisher nichts.

 

Im Zusammenhang mit dem Aufgabenportfolio des Kreises existiere eine Diskrepanz auch bei den Standards für die Aufgabenwahrnehmung. Während die kreisangehörigen Städte und Gemeinden hier immer mehr gezwungen seien, ihre Dienstleistungen, Bürgerservices, Öffnungszeiten und interne Unterstützungs- und Steuerungsdienste stetig zurückzufahren, würden vergleichbare Aufgaben beim Kreis im Regelfall mit höheren Personal- und Sachmitteleinsatz wahrgenommen. Gleiches gelte auch für die tiefgegliederte Leitungsstruktur sowie für die Intransparenz in Bezug auf die freiwilligen Leistungen und deren Wirkungsbeiträge. „Insgesamt fehlt es an einem Prozess einer strategischen Kreisentwicklung, die diesen Namen auch verdient“, sprachen die Kämmerer Klartext.

 

In dem jüngsten Treffen wurden folgende Vorschläge und Forderungen erarbeitet:

  •  Maßnahmen des Kreises mit erheblichen finanziellen Auswirkungen für die Kommunen sind zentral durch den Kreis zu steuern und frühzeitig vorab vollständig zu kommunizieren.
  •  Die örtlichen und überörtlichen Prüfungen (geprüften Jahresabschlüsse, Prüfberichte der Gemeindeprüfungsanstalt) sind ungefiltert und vollständig den Kommunen gegenüber offen zu legen.
  •  Die landesrechtlich vorgegebenen neuen Beteiligungsverfahren (z.B. Umlagengenehmigungsgesetz) sind ernsthaft zu betreiben und dürfen keine Alibiveranstaltungen sein.

 

Die Höhe der Kreisumlage ist regelmäßig streitbefangen; hier fordern die Kämmerer im Rahmen eines offeneren Miteinanders eine Verhandlungsgruppe, die vor den formalen Rechtsverfahren im Dialog eine Verständigung über den absoluten regionalen Aufwandsbedarf des Kreise sowie der Leistungsfähigkeit der Kommunen herbeiführt. In der Verhandlungsgruppe sollten Bürgermeister und Kämmerer der verschiedenen Größenklassen vertreten sein.

 

Bildquelle: Pressestelle Stadt Minden
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