Offener Ganztag an Grundschulen: Beiträge werden neu aufgestellt

Offener Ganztag an Grundschulen: Beiträge werden neu aufgestellt

Minden. Die Elternbeiträge für offene Ganztagsschulen im Primarbereich werden neu aufgestellt. Die Gebühren sollen sich künftig nach dem Einkommen richten. Die Elternbeitragstabelle sieht acht Einkommensklassen vor, von denen die beiden unteren Stufen beitragsfrei sind. Mit neun Ja- und drei Nein-Stimmen sowie einer Enthaltung hat der Ausschuss für Bildungsarbeit in seiner jüngsten Sitzung diese Empfehlung für die Stadtverordnetenversammlung gegeben. Dem Beschluss im Fachausschuss ging eine längere Diskussion voraus, wo Änderungsvorschläge von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der CDU eingebracht wurden.

Die Tabelle und die neue, gemeinsame Elternbeitragssatzung für Kindertageseinrichtungen und den Offenen Ganztag soll ab dem Schuljahr 2019/20 gelten, wenn der Rat diesen in seiner Sitzung am 11. Juli so zustimmt. „Ziel war es, die Beiträge sozial gerecht zu gestalteten und an die Einkommen anzulehnen“, unterstrich die Beigeordnete für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit, Regina-Dolores Stieler-Hinz, zu Beginn der Beratungen im Ausschuss. Die Gebühren seien moderat. Für viele Eltern mit geringerem Einkommen bedeute das Modell sogar, dass sie künftig weniger bezahlen. Vorbild der neuen Struktur sind die Staffelungen für die Kita-Beiträge.

Bisher gab es im Offenen Ganztag nur zwei unterschiedliche Beiträge: 70 Euro pro Monat für die Regelbetreuung und 35 Euro für eine verkürzte Betreuung. Mit der neuen Staffelung werden nur die Eltern mit einem Einkommen über 75.000 Euro mehr belastet, wenn sie ihr Kind in der Regelbetreuung haben. Bei der verkürzten Betreuung müssen künftig die Eltern/Alleinerziehenden mit einem Einkommen ab 49.000 Euro mehr bezahlen. Für alle Einkommensklassen darunter wird es sogar günstiger.

Eltern mit einem Einkommen von 0 bis 25.000 Euro zahlen laut Beschlussvorschlag künftig nichts für die Betreuung ihrer Grundschulkinder (Stufen 1 + 2). Ab einem Einkommen von über 25.000 bis 37.000 fallen 23 Euro monatlich (für die verkürzte Betreuung bis 15 Uhr) und 29 Euro für die Regelbetreuung (bis 16 Uhr) an. In den folgenden Einkommensklassen gestalten sich die Beiträge künftig wie folgt: bis 49.000 Euro: 34/43 Euro, bis 61.000 Euro: 45/57 Euro, bis 75.000 Euro: 56/71 Euro, bis 90.000 Euro: 69/88 Euro und über 90.000 Euro: 83/105 Euro. 70 Prozent der Eltern lägen in der Gruppe bis 49.000 Euro Einkommen und 80 Prozent verdienen nicht mehr als 61.000 Euro. „Das heißt, dass die meisten Eltern mit geringeren, gleichen oder nur geringfügig höheren Beiträgen rechnen können“, so Stieler-Hinz. 35 Prozent zahlen weiter gar nichts für die Betreuung.

Der in den Ausschuss eingebrachte Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sah vor, eine zusätzliche Einkommensstufe für von über 90.000 bis 120.000 Euro (110/140 Euro Beiträge) zu schaffen, um mehr Einnahmen von den Besserverdienenden zu generieren. Das soll nun in die weiteren Beratungen für mitaufgenommen werden. Die CDU hatte angeregt, die untere Einkommensstufe (bis 15.000 Euro) ganz zu streichen und mit der nächsten (bis 25.000 Euro) zu einer zusammen zu fassen. Außerdem forderte die Fraktion, dass weiterhin auch Bezieher von Kinderzuschlag und Wohngeld beitragsbefreit sind. Dazu führte die Beigeordnete Stieler-Hinz aus, dass diese beiden Leistungen auch weiterhin als Befreiungstatbestände gelten.

Gänzlich zufrieden mit dem von der Verwaltung vorgelegten Vorschlag zeigte sich die SPD-Fraktion. Die neue Gebührenstruktur fand auch die Zustimmung der Elternpflegschafts-Mitglieder im Fachausschuss. Von hier kam die Anregung, dass es eine Übersicht geben solle, was alles als Einkommen gerechnet werde und was nicht. Das wurde von der Beigeordneten aufgenommen und zugesagt. Kritisch gesehen wurde von mehreren Ausschussmitgliedern verschiedener Fraktionen die geplante jährliche prozentuale Steigung von bis zu 3 Prozent der Beiträge – angelehnt an die jährliche Dynamisierung der Landesmittel und städtischen Zuschüsse -, die aber laut Verwaltung notwendig ist, um künftig tarifgerechte Gehälter zu zahlen. Und: In Minden werden durchschnittlich lediglich 311 Euro von den Eltern für die Betreuung gezahlt, während es landesweit durchschnittlich 600 Euro seien.

Die Elternbeiträge machen in der Finanzierung der offenen Ganztagsbetreuung aktuell 12,2 Prozent aus. Nach derzeitigem Stand wird mit rund 712.000 Euro an Einnahmen aus den Elternbeiträgen gerechnet, das sind 4 Prozent mehr als im laufenden Schuljahr. Die Stadt Minden übernehme einen weitaus höheren Beitrag an der Finanzierung, als es das Land vorsehe, so Stieler-Hinz weiter. Der städtische Zuschuss soll bis 2022/23 von 1,53 Millionen Euro auf 1,96 Millionen Euro steigen. Das sind entsprechend 28 Prozent. 12,6 Prozent kommen 2022/23 dann von den Eltern und der große Rest vom Land Nordrhein-Westfalen.

Seit mehr als drei Jahren befassen sich Politik und Verwaltung in Minden mit der „Qualitätsoffensive für den Offenen Ganztag an Grundschulen“. Am Anfang stand eine Befragung der Schulleitungen und Ganztagsleitungen. Es folgte ein Rahmenkonzept, das im November 2017 einstimmig beschlossen wurde. Ebenfalls einstimmig hat der Ausschuss für Bildungsarbeit dann im Dezember 2018 das Finanzierungskonzept auf den Weg gebracht. Die beiden Konzepte sehen insgesamt mehr Qualität, eine bessere finanzielle Ausstattung des Ganztags, einen Sozialindex und eine bessere Qualifikation und Bezahlung der eingesetzten Kräfte nebst Fortbildungen vor.

„Minden ist hier auf einem sehr guten Weg“, streicht Stieler-Hinz heraus. Bildungschancen für alle und Bildungsgerechtigkeit seien ganz wichtige Ziele. Der Offene Ganztag sei hier eine sehr wichtige Säule. Wohl auch kaum eine andere Stadt habe eine so gute Teilnahmequote wie Minden. Mehr als 73 Prozent aller Grundschulkinder – das sind 2.291 Mädchen und Jungen – nutzen aktuell die Angebote des Offenen Ganztags an den zehn Grundschulen und der Förderschule Lernen in städtischer Trägerschaft.

Bildnachweis: © Stadt Minden

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