„Kronsberg-Biotop“: Geschützter Kalkmagerrasen zieht um

Hannover. Im Vorfeld des geplanten Wohnungsbaus im Bereich Kronsberg-Süd wird ein nicht mehr genutzter Wasserhochbehälter der Stadtwerke Hannover AG abgerissen. In diesem Zuge muss ein auf diesem Behälter angesiedeltes Biotop „umziehen“. Es handelt sich um schützenswerten Kalkmagerrasen, der sich im Laufe mehrerer Jahrzehnte auf etwa 5.800 Quadratmetern auf der Dachüberdeckung eines Wasserhochbehälters südöstlich der heutigen Stadtbahn-Endstation Messe-Ost gebildet hat. Nachdem bereits im Winter die notwendigen Rodungen erfolgt sind, läuft nun der Umzug.

An dem neuen, rund 8.800 Quadratmeter großen Standort, der sich in Verlängerung der bisherigen Kronsberg-Bebauung südlich des Kattenbrookparks befindet, wurde zur Abmagerung des Untergrunds der Oberboden abgeschoben. Ein Teil davon wird abgefahren, der verbleibende Boden wird zu einer leichten Erhöhung im nördlichen Drittel der Fläche modelliert.

Am alten Standort des Biotops wird das Substrat mit dem Kalkmagerrasen vom Dachrand des Hochbehälters mit einem Bagger schichtweise abgetragen. Nach dem Transport zu der etwa 1.000 Meter entfernten neuen Fläche wird das zu erhaltene Bodenmaterial schichtweise aufgetragen. Auch dort wird eine landschaftlich modellierte Erhöhung angelegt. Dadurch sollen am neuen Standort die nahezu gleichen trockenen, kalkmergelhaltigen und mageren Bodenverhältnisse entstehen wie auf dem Dach des Hochbehälters. Neben der Verlagerung des Pflanzenmaterials soll Saatgut, das im vergangenen Sommer auf dem Hochbehälter gewonnenen wurde, ausgesät werden und dafür sorgen, dass sich das Biotop möglichst schnell am neuen Standort entwickeln kann. Vorwiegend am nördlichen Rand der neuen Fläche soll voraussichtlich Mitte April Ersatz für die am alten Standort entfernten Gehölze gepflanzt werden. Ausschließlich standortheimische Arten wie Feldahorn, Hainbuche, Linde und Bergahorn kommen dabei zum Einsatz.

Der Kalkmagerrasen ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz geschützt und darf grundsätzlich nicht zerstört werden. Deshalb hat die Landeshauptstadt Hannover im Hinblick auf das laufende Bebauungsplanverfahren eine entsprechende Ausnahmegenehmigung bei der Unteren Naturschutzbehörde der Region Hannover beantragt und bekommen. Der Umzug des Biotops soll voraussichtlich bis Ende April abgeschlossen sein. Im Rahmen eines Monitorings wird dieser Prozess über die nächsten Jahre beobachtet und dokumentiert, sodass bei eventuellen Fehlentwicklungen gegengesteuert werden kann. Nach dem Umzug erfolgt der Abriss des Hochbehälters durch enercity.

Hintergrund:

Die Landeshauptstadt Hannover plant in dem Bereich den Neubau des Quartiers „Kronsberg-Süd“ mit circa 3.500 Wohnungen. Im südwestlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans befindet sich der rund 90 Jahre alte Wasserhochbehälter der Stadtwerke. Weil im Sommer 2018 mit dem Bau der neuen Haupterschließungsstraße für das Neubaugebiet zwischen Kattenbrookstrift und Lissabonner Allee begonnen werden soll, muss vorher der mittlerweile funktionslose Wasserhochbehälter abgebaut werden. Wegen der Standortbedingungen hat sich auf den erdbedeckten Kammern des Hochbehälters das Magerrasen-Biotop angesiedelt.

Im Zuge des Ausbaus des Wasserwerks Grasdorf (erbaut 1899) entstand ab Mitte der 1920er Jahre der erste Hochbehälter auf dem Kronsberg. Er besteht aus zwei kleinen Kammern von 4.000 und 6.000 Kubikmetern, deren Betrieb mittlerweile nicht mehr wirtschaftlich ist. Er wurde von 1930 bis 2004 genutzt und nach einem temporären Einsatz 2008 endgültig stillgelegt. Im enercity-Trinkwassernetz sind drei Hochbehälter (Heisterberg, Bemerode und Linden) mit einem Speichervolumen von rund 60.000 Kubikmetern im Einsatz, die für Tageslast-Ausgleich und Druckhaltung voll ausreichen.

Das komplette Grundstück, auf dem sich der Behälter auf dem Kronsberg befindet, ist rund 7.400 Quadratmeter groß.

Bildquelle: pixabay.de

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