Dialog in schwierigen Zeiten zwischen einzelnen Religionen

Eröffnung Woche der Brüderlichkeit_c_privat

Minden/Erfurt. Die bundesweite „Woche der Brüderlichkeit“ der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) ist am vergangenen Sonntag, 5. März, mit einer zentralen Feier im Theater Erfurt eröffnet worden. Mit dabei war auch Mindens Bürgermeister Michael Jäcke, der die Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Minden e.V., Nina Pape, mit seiner Teilnahme überraschte. Pape ist seit 2019 Mitglied im Vorstand des Deutschen Koordinierungsrates (DKR) und Sprecherin des “Forums Junger Erwachsener” (FJE).

Mindens Bürgermeister wird jedes Jahr zur bundesweiten Eröffnung eingeladen, weil die Stadt im Jahr 2011 Gastgeberin der zentralen Feier war. Die Einladung hat Jäcke nun erstmals angenommen und ist am Wochenende nach Erfurt gefahren. In der „Woche der Brüderlichkeit“ gehe es vor allem „um den in diesen schwierigen Zeiten sehr wichtigen Dialog, um Gespräche und Begegnungen zwischen den einzelnen Religionen“, hebt Jäcke hervor. Dieser Dialog werde nicht nur zwischen Christen und Juden, sondern auch mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Religionen geführt.

Nina Pape organisiert als Vorstandsmitglied des Koordinierungsrates seit 2019 die zentrale Veranstaltung mit und ist an der Auswahl der Preisträger*innen der Buber-Rosenzweig-Medaille beteiligt. 2022 wurde sie für eine 2. Amtszeit in den Vorstand des DKR gewählt. „Es ist mir eine Ehre von den Mitgliedern aus ganz Deutschland – zusätzlich zur Geschäftsführung in Minden – erneut in den Vorstand des Dachverbands gewählt worden zu sein und damit auch eine Perspektive aus Minden national einbringen zu können“, streicht Pape heraus.

„Wir haben vor und nach der Veranstaltung in Erfurt viele interessante Gespräche geführt und dabei unter anderem Romani Rose, Aiman A. Mazyek sowie Peter Maffay getroffen“, berichten Nina Pape und Michael Jäcke. Rose ist seit 1982 Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Mazyek seit vielen Jahren Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Rockstar Peter Maffay hat im Jahr 2018 die Buber-Rosenzweig-Medaille erhalten, die alljährlich im Rahmen der zentralen Eröffnungsfeier verliehen wird. In Minden wurde 2011 der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani mit der Medaille ausgezeichnet. Zu den bekanntesten Preisträger*innen der vergangenen drei Jahrzehnte zählen Angela Merkel (2020), Architekt Daniel Liebeskind (2010), Joschka Fischer (2003), Johannes Rau (2000) und Richard von Weizsäcker (1995).

Die Stiftung „Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum“ hat in Erfurt die Buber-Rosenzweig-Medaille erhalten. Der jüdische Präsident des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Andreas Nachama, würdigte das Zentrum als “Leuchtturm jüdischen Lebens”. Es sei nicht nur ein jüdisches Museum und Archiv vergangener Zeiten, sondern ein Ort der Gegenwart und Zukunft. Der Koordinierungsrat erklärte, mit der Auszeichnung werde der Beitrag der Stiftung zur Berliner Stadtgeschichte und zu einer friedlichen und pluralen Gesellschaft geehrt.

2023 steht der Christlich-Jüdische Dialog unter dem Motto: “Öffnet Tore der Gerechtigkeit – Freiheit Macht Verantwortung”. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow betonte beim Festakt in Erfurt die bleibende Verantwortung für Verbrechen der NS-Zeit. Die Mehrheitsgesellschaft sei gefragt, wenn heute Minderheiten angegriffen würden: “Wir dürfen nicht weggucken”, appellierte Ramelow.

Seit 1952 veranstalten die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) unter Federführung ihres Koordinierungsrates jedes Jahr im März die „Woche der Brüderlichkeit“ (WdB). Anliegen dieser Festwoche ist es, die Verbundenheit von Christen und Juden in Europa zu stärken und die Gräueltaten der Shoah fest im Bewusstsein zu verankern. Der DKR sucht jedes Jahr eine Stadt aus, die eine aktive Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (CJZ) hat. In diesem Jahr war Erfurt Gastgeber der Festwoche. Im Jahr 2024 wird es die Stadt Mainz sein.

Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Minden e.V. ist eine der ältesten in der Bundesrepublik Deutschland. Sie wurde bereits im Jahr 1960 als 20. von mehr als 80 christlich-jüdischen Gesellschaften in Deutschland gegründet. „Wir sind sehr stolz darauf, dass es hier in Minden eine aktive christlich-jüdische Gesellschaft gibt, die weiter wächst“, so Vorsitzende Nina Pape. Auch in Minden lädt die GJZ Minden regelmäßig zu Veranstaltungen ein, die ausnahmslos kostenfrei für die Teilnehmer*innen sind. 2019 war die Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen und ehemalige Bundesjustizministerin, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Festrednerin zur Eröffnung der WdB in Minden.

Motto 2023: “Öffnet Tore der Gerechtigkeit – Freiheit Macht Verantwortung”

Das diesjährige Motto “Öffnet Tore der Gerechtigkeit – Freiheit Macht Verantwortung” ist bewusst ein Imperativ, ein Apell der Christlich-Jüdischen Gesellschaften: “Hinter dieser Aufforderung steht die biblische Vorstellung, dass die Welt Gottes ein Ort ist, der für alle offensteht. Das Bild des Tores wird zum Gegenentwurf für alle Mauern, die Menschen gegeneinander aufrichten. Das Jahresthema fordert dazu auf, die zentralen Begriffe “Freiheit, Macht, Verantwortung” in ihrer Komplexität auszuleuchten und in Hinblick auf gemeinsames Handeln gegen Antisemitismus und Rassismus zu deuten,” heißt es dazu von Seiten der GCJZ.

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