Der ewige Zwist um die Hundehaltung in Haus und Garten

Berlin (ots). Fragt man ihre Besitzer, so handelt es sich bei Hunden in der Regel um liebenswerte Hausgenossen, die niemals beißen, selten bellen und auch sonst keinem etwas zuleide tun. Vermieter, Miteigentümer und Wohnungsnachbarn sehen das häufig anders. Sie beanstanden eine erhebliche Störung der Hausgemeinschaft durch die Tiere. Als Konsequenz fordern sie ein Hundeverbot oder zumindest deutliche Einschränkungen bei der Hundehaltung.

 

Kommt es zu keiner Einigung unter den streitenden Parteien, müssen die Zivil- und Verwaltungsgerichte entscheiden. Diese Extra-Ausgabe des Infodienstes Recht und Steuern der LBS beinhaltet 12 Urteile, die sich mit dem Thema befassen. Mal geht es um störende Hundehaare, mal um die Gefahr für spielende Kinder – und natürlich immer wieder um das Bellen, das Nachbarn als Ruhestörung empfinden.

 

Die Frage, ob ein bestimmter Hund in einer Mietwohnung artgerecht gehalten werden kann, ist nicht in erster Linie das Problem des Eigentümers. Ein Vermieter hatte aber genau dieses Argument vorgebracht, als er seinem Mieter die Haltung eines Collies untersagen wollte. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 329/11) wies den Eigentümer darauf hin, dass es auf die Bestimmungen des Mietvertrages ankomme. Sei darin zur Hundehaltung nichts vermerkt, dann stehe dieser auch nichts entgegen – selbst bei einem Collie. Wolle der Eigentümer trotzdem vor Gericht ein Verbot erwirken, dann müsse er schon konkrete Umstände benennen, die dafür sprechen. Der bloße Verdacht einer nicht artgerechten Haltung reiche keinesfalls aus.

 

Manche Menschen leiden unter einer Tierhaarallergie. Für sie kann es gesundheitlich sehr belastend sein, wenn in ihrer Nachbarschaft innerhalb einer Wohnanlage ein Hund lebt. Mit dieser Begründung wollte ein Eigentümer seinem Mieter die Hundehaltung untersagen, denn sie stellte seiner Meinung nach eine Gefährdung bzw. Belästigung des Allergikers dar. Das Amtsgericht Aachen (Aktenzeichen 85 C 85/05) wollte gar nicht grundsätzlich bestreiten, dass so etwas möglich sei. Doch der zuständige Richter vermisste die entsprechenden Belege bzw. Beweise und stimmte deswegen dem Verbot nicht zu.

 

Die Ordnungsbehörde einer Gemeinde kann verfügen, dass Hunde zu bestimmten Zeiten nicht im Garten herumlaufen dürfen, sondern in geschlossenen Gebäuden bleiben müssen. Im konkreten Fall hatten sich Nachbarn gegen die Tag- und Nachthaltung von sechs Hunden im Freien gewandt. Gerade in der Nacht und an Feiertagen fielen diese Störungen besonders ins Gewicht. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Aktenzeichen 11 ME 148/13) sah das ebenso und erlegte den Hundebesitzern auf, die Tiere zwischen 22 und 7 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen im Hause zu halten.

 

Gerade die Unterscheidung der Tageszeiten spielt vor Gerichten eine große Rolle, wenn Lärmbelästigungen eingeschätzt werden müssen. Wo ein Bellen tagsüber unter den anderen Alltagsgeräuschen (anfahrende Lastwagen, Postboten, Autoverkehr) eher untergeht und zu vernachlässigen ist, da wird es in der Regel nachts ganz anders wahrgenommen. Das Oberlandesgericht Brandenburg (Aktenzeichen 5 U 152/05) kam nach einer Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, die Nachbarn seien nachts durch regelrechte “Bellattacken” aufgeschreckt worden. Deswegen mussten die Halter sicherstellen, dass von 22 bis 7 Uhr Ruhe herrscht. Sonst drohte ihnen ein Ordnungsgeld von 5.000 Euro.

 

Wer sich durch das Bellen von Hunden gestört fühlt und gerichtlich dagegen vorgehen will, der muss nicht zwingend ein minutengenaues “Bellprotokoll” bei Gericht abliefern, in dem jedes Geräusch exakt dokumentiert wird. Ein Mieter hatte wegen einer Lärmbelästigung durch den Hund des Nachbarn die Miete gemindert. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 268/11) stellte in dem Zusammenhang fest, dass seine Art der Beschreibung ausreichend gewesen war. Er hatte grundsätzlich beschrieben, welcher Art die Belästigungen seien, zu welchen Zeiten sie auftreten und wie lange sie dauern.

 

Eine so genannte Formularklausel, die Mietern generell die Haltung von Katzen und Hunden untersagt, ist unwirksam. Sie benachteiligt einen Mieter unangemessen, weil sie jede Rücksicht auf die Besonderheit eines Falles oder die spezielle Interessenlage verhindert. Schließlich, so der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 168/12), müsse dem Mieter ein üblicher Gebrauch der Wohnung ermöglicht werden. Ob darunter eine Tierhaltung falle oder nicht, das müsse erst einmal gründlich abgewogen werden und dürfe nicht unter eine generelle Verbotsklausel fallen.

 

Genau um einen solchen Einzelfall ging es, als ein Mieter einen Cocker Spaniel bei sich aufnahm, obwohl der Mietvertrag generell die Hundehaltung verbot. Vier Jahre lang bemerkte der Eigentümer nichts, dann wurde es ihm bekannt und er forderte die Entfernung des Tieres. Der Mieter konnte dem Gericht eine Unterschriftenliste vorlegen, auf der alle anderen Bewohner des Hauses bestätigten, dass sie der Vierbeiner nicht störe. Das Amtsgericht Köln (Aktenzeichen 210 C 350/11) sah keine Probleme damit, zumal die besagte Rasse auch traditionell als Haustier gehalten werde.

 

Das Verständnis für die Freiheiten eines Hundes hat vor Gericht meistens schnell dort ein Ende, wo andere belästigt werden oder sogar bedroht sind. Das war bei einer nur aus zwei Parteien bestehenden Eigentümergemeinschaft der Fall, als sich eine von ihnen einen Berner Sennenhund anschaffte und diesen im gemeinschaftlichen Garten frei herumlaufen ließ. In diesem Garten hielten sich aber auch die vier und sechs Jahre alten Kinder der anderen Familie auf. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 14 Wx 22/08) hielt zu deren Eltern und setzte den Hundebesitzern Schranken. Schon aus der Größe des Tieres folge, dass es nicht unangeleint im Garten unterwegs sein dürfe. Denkbar sei höchstens eine drei Meter lange Führungsleine, in deren Radius der Hund sich bewegen könne – allerdings unter Aufsicht einer mindestens 16 Jahre alten Person.

 

Wer einen Hund hat, der muss auch stets ein wenig darauf achten, ob dieser für andere Menschen ein Hindernis darstellen könnte. So war es bei einer Verkäuferin gewesen, die ihr Tier an ihren Arbeitsplatz mitgenommen hatte. Der Hund legte sich in die Nähe des Eingangs – und prompt stolperte eine Kundin darüber. Sie verletzte sich am Knie und forderte 15.000 Euro Schmerzensgeld. Das Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 19 U 96/12) sah hier ein Fehlverhalten der Hundebesitzerin und verurteilte sie zur Zahlung. Hier liege ein klarer Fall der Tierhalterhaftung vor.

 

Manchmal benehmen sich Hundehalter nach Meinung ihrer Nachbarn ziemlich daneben. So war es bei einem Mann, der in einem Mietshaus lebte und seinem Hund vor der Wohnungstüre die Haare bürstete. Das fand ein Mitbewohner unangemessen. Außerdem sei die Gesundheit seiner Tochter dadurch bedroht. Er minderte die Miete um 20 Prozent. Das Amtsgericht Frankfurt am Main (Aktenzeichen 33 C 2792/11) schloss sich dem nicht an. Es sei zwar nachbarschaftlich nicht besonders fein, den Hund vor der Türe abzubürsten, aber einen nennenswerten Nachteil für den anderen könne man trotzdem noch nicht erkennen.

 

Weit gefährlicher als Hundehaare kann ein aggressives Verhalten eines Tieres sein. Den Verdacht hatte eine Ordnungsbehörde, nachdem im Nachbarsgarten zwei Zwergkaninchen und zwei Meerschweinchen totgebissen worden waren. Auf dem anderen Grundstück lebte ein Husky. Die Vermutung: Er könnte durch ein Loch im Zaun geschlüpft sein und seine Tat vollbracht haben. Doch genaue Hinweise gab es nicht. Deswegen durfte die Behörde den Hund auch nicht zwangsweise zu einem Wesenstest bei der Polizeihundestaffel vorladen, entschied das Verwaltungsgericht Mainz (Aktenzeichen 1 L 250/05.MZ). Die Halter hatten behauptet, das Tier sei die gesamte fragliche Zeit im Hause gewesen.

 

Im öffentlichen Raum haben viele Gemeinden eine Anleinpflicht für Hunde erlassen. Dahinter steckt die Befürchtung, dass diese Tiere immer wieder auch unerwartet eine Gefahr für Leib und Eigentum von Passanten darstellen könnten. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 2 (6) SsBs 12/12) musste sich damit befassen, ob ein solcher Leinenzwang den Gesetzen der Verhältnismäßigkeit entspreche. Die Richter bejahten diese Frage, denn im konkreten Fall stelle die Gemeinde auch ausreichend Flächen zur Verfügung, auf denen Hunde frei laufen und sich austoben könnten.

 

Bildquelle: Manfred Schimmel / pixelio.de