Der deutsche Sport in der NS-Zeit

Im kollektiven Gedächtnis der deutschen Mehrheitsbevölkerung gehört der Sport zu den positiv besetzten Erinnerungen an die NS-Zeit. Man erinnert sich an die Erfolge der Silberpfeile, die Kämpfe von Max Schmeling, an die Erfolge bei den Olympischen Spielen, an die Siegesserie von Schalke 04 und die eigene Punktzahl im Führerzehnkampf der Hitlerjugend (HJ). Weithin vergessen sind hingegen die Zerschlagung des Arbeitersports und das Verbot der konfessionellen Sportorganisationen. Insofern überrascht es nicht, dass kaum ein öffentlicher Druck existierte, sich mit der Geschichte des Sports im Nationalsozialismus zu befassen.

 

Dass die Attraktivität des Sports in HJ und im Bund Deutscher Mädel (BDM) bei den Jugendlichen höhere Bindungskräfte an den NS-Staat entfaltete als die NS-Ideologie an sich, erkannten schon die Gewährsleute der „Deutschland-Berichte“, die Informationen über die Stimmung im Deutschen Reich an die Exil-SPD übermittelten. Dass es sich bei der damaligen Erhöhung der wöchentlichen Sportstundenzahl an den Schulen von zwei auf zunächst drei (1935) und dann auf fünf Stunden (1937) sowie bei der Attraktivität und Faszination der technischen Sportarten wie Segelfliegen und Motorradfahren in den Eliteschulen um eine hochgradig instrumentalisierte Erscheinung der Moderne handelte, haben aber nur wenige erkannt.

 

Prof. Dr. Hans Joachim Teichler, zwischen 1994 und 2011 Ordinarius für Sportgeschichte an der Universität Potsdam, wird diese und andere Aspekte der Geschichte des deutschen Sports im Nationalsozialismus am kommenden Mittwoch, 26. Juni, um 19:30 h in einem Vortrag im Werberg-Saal des Mindener Museums beleuchten. Der Eintritt ist frei. Der Vortrag findet im Rahmen der Ausstellung „Vergessene Rekorde. Jüdische AthletInnen vor und nach 1933“ statt, die das Mindener Museum noch bis zum 25. August 2013 in Kooperation mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Minden e.V., der Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen und dem Kreissportbund Minden-Lübbecke e.V. zeigt. Nähere Informationen unter www.mindenermuseum.de oder unter www.vergessene-rekorde.de

 

Zur Person:

 

Prof. Dr. Hans Joachim Teichler, Jg. 1946

Abitur 1966 in Helmstedt; Studium von Sport- und Sozialwissenschaft in Bonn beim Nestor der deutschen Sportgeschichte Hajo Bernett und Karl Dietrich Bracher; langjähriger Sprecher der Sektion Sportgeschichte in der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft; von 1994 bis 2011 als Professor für Zeitgeschichte des Sports im Institut für Sportwissenschaft der Universität Potsdam tätig; Arbeitsschwerpunkte: Medien, Arbeitersport, Sportpolitik im Dritten Reich und Sportgeschichte der DDR.

 

 

Martha Jacob (Bildquelle: Mindener Museum)

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