
Wer hätte das gedacht? Mein Zug hatte sich tatsächlich verfahren. Falsch geleitet nennt man das in der Bahn -Fachsprache. Der Zug steht auf freier Fläche. Weiter geht es jedenfalls nicht nach Berlin, nicht nach Dortmund und auch nicht nach Minden, wohin ich will.
Die Durchsage erklärt nun, wie es weitergehen könnte. Wir könnten zurück fahren oder weiter fahren bis Recklinghausen. Dort könnte man versuchen, wieder auf die alte Strecke nach Berlin zu kommen. Das muss nun die obere Abteilung entscheiden. Also warten wir noch.
Nun war die Entscheidung gefallen. Wir fahren weiter über Recklinghausen. Dort fahren wir ein Stück S-Bahnstrecke. Es geht los, wenn der Lokführer seinen neuen Fahrplan hat. Nun stehen wir vor Recklinghausen. Ist doch Recklinghausen?
Der Lockführer muss jetzt erst durch den ganzen Zug laufen, denn wo bis jetzt hinten war ist jetzt vorn. Ich glaube, er kam gerade an meinem Sitz vorbei. Er muss erst einmal seinen neuen Arbeitsplatz einrichten, wie der Bahnsprecher es nannte. Ist eben noch echte Handarbeit diese ganzen Regelungen.
Da passieren mal kleine Fehler.
Draussen scheint die Sonne, es ist schon lecker warm für Mitte März und wir schauen auf ganz viele Gleise auf der einen Seite, auf der anderen auf eine schlichte Wand einer grossen Lagerhalle mit der Werbeaufschrift: Schacht- und Streckenausbau GmbH, www.betonstahlhandel.de.
Ja, die örtlichen Aussichten könnten besser sein. Hoffen wir auf die zukünftigen, dass der Zug nun endlich weiter fährt. Ist ja schon etwas peinlich für die Bahn, ist ja immerhin ein ICE, die höchste Kategorie der Zugmöglichkeiten.
Ab und zu fährt auf dem Nebengleis eine Rangierlock vorbei, ein Güterzug oder ein Regionalzug. Wir stehen nun schon 20 Minuten eisern, wie festgeschweisst auf unserem Gleis. Zwischendurch räusperte sich mal der Zugansager, schweigt dann aber lieber.
Nun geht es doch weiter, ein kleines Stück zurück. Recklinghausen Süd steht auf den Schild des kleinen Regionalhaltes. Wir halten dort doch nicht, auch wenn der Zug erst etwas zuckte, aber er fährt nun weiter. Die Informationsanzeige lässt sich nicht davon beeindrucken und zeigt weiterhin Berlin Ostbahnhof und als nächste Station Dortmund Hbf an.
Langsam schieben wir über die S-Bahnstrecke dahin. Die zuvor angezeigten 150 Std/km sind da nur ein leeres Versprechen. Wir fahren durch Stadtviertel, über Strassenbrücken, durch Industriegebiete. Vorbei am Stellwerk Herne. Wir sind wohl immer noch nicht auf unserem Fahrweg. Doch jetzt.
Die Ansage verkündet es. In 10 Minuten sind wir in Dortmund. Die Fahrgeschwindigkeit hat etwas zugenommen. Rechts und links Schrebergartenanlagen, Waldflächen und nun sind wir wieder in freier Landschaft. So richtig ohne irgend eine Bebauung gibt es fast gar nicht mehr. Schon sind wir wieder von Gebäuden umgeben an denen wir vorbei rauschen. Doch wieder kurze Waltstücke, Felder und aufstrebende Industrieanlagen.
Der Zug bremst ab. Bauarbeiten rechts und links. Die Ansage verkündet: wir sind dann gleich in Dortmund. Der frohe Unterton war deutlich heraus zu hören. Thyssen Krupp Schulte zieht vorbei und andere Unternehmen. Bremsen ist zu spüren und wir sind mitten in der Stadt. Dortmund Hbf.
Noch eine Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten und ein Abschiedsgruss.
Wir halten im Bahnhof Dortmund. 40 Minuten Verspätung. Aber angekommen.