Misere des Erneuerbare Energien-Ausbaus setzt sich auch 2021 fort

Misere des Erneuerbare Energien-Ausbaus
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Berlin. Trotz der Novelle Ende letzten Jahres offenbart das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Lücken und handwerkliche Fehler, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien torpedieren. Das geht aus einer Analyse der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hervor. Erst wenn die eklatanten Schwächen des EEG beseitigt werden, können die Erneuerbaren Energien wieder Fahrt aufnehmen. Denn auch in diesem Jahr setzt sich die Notlage der Erneuerbaren fort. Für die bis Februar 2021 ausgeschriebenen 1.500 Megawatt (MW) an Windenergie gibt es unter den Windkraftbetreibern zu wenig Bewerber. Ein Trend, der sich aus den vergangenen Jahren fortsetzt und der durch die miserablen Bedingungen für den Ausbau Erneuerbarer verursacht wird. Die Hürden und Unsicherheiten, die das EEG aufbaut, lassen Investoren reihenweise zurückschrecken.

Der großen Koalition war es in der EEG-Novelle nicht einmal gelungen, den Erneuerbaren Energien den Status des „öffentlichen Interesses“ zu verleihen, obwohl sie für den Klimaschutz unerlässlich sind. SPD und Union hatten zwar per Entschließungsantrag erklärt, beim EEG noch im ersten Quartal 2021 nachzusteuern, der erste Monat ist aber bereits ohne jegliches Signal aus dem Bundeswirtschaftsministerium verstrichen. Die DUH fordert hier Entschlossenheit und Schnelligkeit von der Bundesregierung.

Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die große Koalition lobt sich selbst, mit der EEG-Novelle einen großen Wurf geschafft zu haben. Dabei sprechen die Ausbauzahlen eine ganz andere Sprache. Unsere Analyse zeigt: Eklatante Fehler im EEG sind für den schleppenden Ausbau verantwortlich. Wäre das EEG ein Haus, wäre es bei so vielen handwerklichen Mängeln stark einsturzgefährdet. An der angekündigten Überarbeitung wird sich messen lassen, ob die Bundesregierung in Sachen Klimaschutz noch Willens und handlungsfähig ist.“

Die DUH hat die folgenden sieben größten Probleme des EEG zusammengetragen:

  1. Ziel und Ausbaupfad zu niedrig
    Im ersten Quartal will die Bundesregierung die jährlichen Ausbaumengen für Erneuerbare Energien bis 2030 festlegen. Schon jetzt ist klar, dass es eine massive Erhöhung auf 6 Gigawatt (GW) Windenergie an Land und 10 GW Photovoltaik pro Jahr braucht, um die jüngst von der Europäischen Union erhöhten Klimaschutzziele zu erreichen. Das jetzige EEG kommt dagegen lediglich auf durchschnittlich 1,6 GW Wind an Land und 4,6 GW Photovoltaik.
  2. „Endogene Rationierung“ würgt Windkraftausbau ab
    Das EEG etabliert einen Mechanismus, der den Ausbau von Windenergie zusätzlich reduziert, sobald vorherige Ausschreibungen unterzeichnet waren. Diese Praxis der sogenannten endogenen Rationierung gilt es wieder rückgängig zu machen.
  3. Kaum Impulse für die Bürgerenergie
    Seit der Einführung von Ausschreibungen 2017 lässt die Bundesregierung jegliche Unterstützung für Bürgerenergie vermissen. Dabei ist diese gegenüber anderen Marktakteuren massiv benachteiligt, aber gleichzeitig ein Garant für die Akzeptanz der Erneuerbaren Energien. Nachweisliche Bürgerenergieprojekte, im Konkreten Freiflächensolaranlagen bis zu 1 MW und Windparks bis zu 18 MW Leistung, müssen daher von den Ausschreibungen ausgenommen werden.
  4. EEG-Umlagenbefreiung auch für „grauen“ Wasserstoff
    Wasserstoff kann seine wichtige Rolle im Energiesystem der Zukunft nur erfüllen, wenn er mithilfe von Erneuerbaren Energien emissionsfrei hergestellt wird. Das EEG fördert jedoch auch die Produktion von sogenanntem “grauem” Wasserstoff, für den fossile Energieträger verbrannt werden. Die Befreiung von der EEG-Umlagepflicht für diese Art von Wasserstoff muss zurückgenommen werden.
  5. Ausbau Erneuerbarer Energien immer noch kein öffentliches Interesse
    Bis kurz vor der Verabschiedung der Novelle des EEG sollten Erneuerbare Energien in den Status des öffentlichen Interesses aufgenommen werden. Dies hätte ihre Position in Planungs- und Genehmigungsprozessen gestärkt und ist für den raschen Ausbau dringend notwendig.
  6. Finanzielle Beteiligung von Kommunen an Windenergie nicht verpflichtend
    Kommunen können an Windenergieanlagen finanziell beteiligt werden, wenn sich Betreiber freiwillig dafür entscheiden. Diese akzeptanzsteigernde Maßnahme darf keine reine Freiwilligkeit bleiben. Die finanzielle Beteiligung von Kommunen muss verpflichtend eingeführt und auch auf Photovoltaik-Freiflächenanlagen erweitert werden.
  7. Vergütungsstopp gefährdet Wirtschaftlichkeit von Windparks
    Der fehlende Ausbau der Netze führt zu Abschaltungen der Windanlagen. Nach vier Stunden negativer Strompreise erhalten die Betreiber laut EEG keine Vergütung mehr. Dieser Zeitraum soll nach Plänen der Union sogar noch drastisch gekürzt werden. Dies würde weitere Vergütungskürzungen nach sich ziehen. Die Finanzierung neuer Windanlagen wird so risikoreicher, teurer und ist für Bürgerenergiegesellschaften immer weniger geeignet.

Die Analyse der DUH zeigt, dass unverzüglicher Handlungsbedarf besteht – das EEG muss dringend und schnell überarbeitet werden. Die Nachbesserungen müssen sich an den Klimazielen orientieren und auch den zusätzlichen Ausbaubedarf berücksichtigen, der sich aus der Anhebung des EU-Klimaziels ergibt.

Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH, kommentiert: „Mit diesem EEG steuert die Bundesregierung wissentlich an den Klimazielen vorbei. Wichtigster Punkt der Überarbeitung muss die Anhebung der Ausbaupfade sein. Dass die EU ihr Klimaziel für 2030 angehoben hat, macht die Sache noch nochmal dringlicher. Aber auch das Kleingedruckte im Paragraphendschungel muss dringend überarbeitet und entschlackt werden. Mit 320 Seiten ist das EEG inzwischen ein Paragraphen-Monster. Allein die Komplexität behindert zunehmend den Ausbau der Erneuerbaren. Fast hat man den Eindruck, der Bundesregierung ginge es eher darum, mehr Paragraphen in das EEG einzubauen als neue Windenergieanlagen im Land.“