Gute Konjunktur führt zu mehr Bauten und Anträgen

Minden. Immer wenn die Konjunktur „brummt“, wird viel gebaut. Wenn dann noch die Zinsen niedrig sind, sorgt das für einen Boom. Das lässt sich auch an der Zahl der Baufertigstellungen für Minden ablesen: 2014 wurden in der Weserstadt 172 Gebäude neu errichtet, es entstanden 241 neue Wohnungen mit 1143 Räumen. 2010 waren es nur 80 Gebäude und Wohngebäude mit 156 Wohnungen. Und auch im Bestand tut sich seit einigen Jahren viel: An 219 Häusern und Einrichtungen wurde 2014 gebaut beziehungsweise angebaut (2010: 120).

 

Dieser Umstand wirkt sich direkt im Bereich Bauen und Wohnen der Stadtverwaltung aus. So sind im Vergleich zu 2010 die Zahlen für Bauanträge, Bauvoranfragen, für Abgeschlossenheitsbescheinigungen (bei Bildung von Teileigentum) und auch für Abbruchanträge 2015 um insgesamt 16,2 Prozent gestiegen. Gleichzeitig steht aktuell weniger Personal für die Bearbeitung als noch 2010 zur Verfügung. „Das führt derzeit zu längeren Bearbeitungszeiten in allen Verfahren“, erläutert Architektin Saniye Danabas-Höpker, seit 1. März 2016 Leiterin des Bereiches Bauen und Wohnen.

 

Aber es ist „Land in Sicht“. Denn eine längere Zeit vakante Stelle sei nun ab Mitte August wieder mit einer neuen Kollegin besetzt, so die Bereichsleiterin. Sie hofft mit der Verstärkung, im Frühjahr 2017 bei den normalen Bauanträgen wieder auf eine Bearbeitungszeit von sechs Wochen zu kommen. Derzeit seien es zehn bis zwölf. „Das führt auch immer wieder zu Nachfragen und in einigen Fällen auch zu Beschwerden“, berichtet Saniye Danabas-Höpker. „Wir versuchen dann zu erklären, warum es derzeit länger dauert. Die meisten haben Verständnis“.

 

Die Bearbeitungsdauer habe sich durch verschiedene Umstände nach und nach erhöht. Ziel sei es in jedem Fall, schnell wieder auf einen „normalen Stand zukommen“, macht Lars Bursian, Beigeordneter für Städtebau und Feuerschutz, deutlich und wirbt für Verständnis bei Bürgerinnen und Bürgern sowie bei Unternehmen. Insgesamt soll der Service weiter verbessert und auch die befristet zurückgefahrenen Öffnungszeiten des Baubürgerbüros wieder zurückgenommen werden. Seit März 2016 gebe es grundsätzlich Eingangsbestätigungen für die Antragsteller/innen, was positiv aufgenommen wurde.

 

848 Anträge sind 2015 im Bereich Bauen und Wohnen eingegangen. 711 waren es zum Vergleich 2010. Die meisten Fälle – insgesamt 2015 rund 500 – seien erteilte Baugenehmigungen nach § 68 Bauordnung NRW, also vereinfachte Verfahren. Baugenehmigungen nach § 63 Bauordnung NRW (normale Verfahren) wurden im vergangenen Jahren 87 Mal erteilt. Bauvoranfragen gab es 85 und Freistellungsverfahren 34 – darunter fallen genehmigungsfreie Wohngebäude, Stellplätze und Garagen, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans keiner Baugenehmigung bedürfen und nur angezeigt werden müssen. Dazu kommen noch Verfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz (7 in 2015) und 16 Verfahren, die digital durchgeführt wurden. Es wurden 39 Abbruchanträge bearbeitet, 31 Abgeschlossenheitsbescheinigungen – gemäß Wohnungseigentumsgesetz – erstellt sowie sich um 25 Gefahrenstellen und 18 Nachbarbeschwerden gekümmert.

 

Länger dauernde Verfahren haben ihre Ursache aber nicht nur in der Bearbeitung der Stadtverwaltung. Oft vergehe mehr Zeit bis genehmigungsfähige Unterlagen vorliegen, weil die Bauvorlagen nicht aussagekräftig sind. Das sei in 95 Prozent aller Fälle so. „Dann müssen wir nachhaken und teilweise auch ein weiteres Mal bei den beauftragten Architekten anrufen“, weiß Bereichsleiterin Danabas-Höpker. Das macht auch die erheblich gestiegene Zahl der Anhörungen deutlich: 40 Prozent mehr Gespräche mit den Bauverantwortlichen werden im Vergleich zu 2010 geführt. Das ist vor allem darin begründet, dass die geforderten Zeichnungen, Berechnungen und Nachweise nicht entsprechend der Bauprüfverordnung vorgelegt oder zeitnah ergänzt wurden.

 

Zu Verzögerungen kann es auch kommen, wenn externe Behörden beteiligt werden müssen – weil zum Beispiel bei einem Abbruch immer auch die Umweltbehörde gehört werden muss, oder bei Bauanträgen für Gewerbebetriebe der Brandschutz eine große Rolle spielt. Externe Beteiligungen gibt es auch bei Anträgen im Außenbereich (wie die Landwirtschaftskammer und das Umweltamt) und bei Bauvorhaben in der Innenstadt, wo der Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung mit ins Boot geholt werden muss. Hier müsse abgeglichen werden, ob es im Zweiten Weltkrieg Bombenabwürfe und/oder –funde in der Nähe gegeben habe, erklärt Saniye Danabas-Höpker.

 

Zugunsten der eingehenden Bauanträge, die vorrangig bearbeitet wurden, mussten in den vergangenen Monaten auch Aufgaben ruhen – wie die zeitaufwändigen wiederkehrenden Prüfungen bei Sonderbauten, eine Pflichtaufgabe der Bauordnung.

 

Zu Engpässen in der Bearbeitung der Anträge sei es auch schon in den vergangenen Jahren durch teilweise nicht besetzte Stellen, durch den Wegfall einer kompletten Stelle, den Wechsel eines Kollegen in einen anderen Bereich, aber aktuell auch durch länger andauernde Krankheitsfälle und an den Fachbereich Soziales „ausgeliehenen Kollegen“ gekommen. Der Techniker war, als „es brannte“ sechs Monate in der Sichtung und Akquirierung von Wohnungen für Flüchtlinge eingesetzt. Rund 310 Wohnungen hat die Stadt Minden innerhalb von acht Monaten angemietet. Umgekehrt konnte es schnell keinen Ersatz oder Entlastung geben, „weil das Problem im Bereich Bauen und Wohnen bei personellen Defiziten ist, dass hier überwiegend nur Architekten, Diplom-Ingenieure und Techniker arbeiten“, erläutert Saniye Danabas-Höpker. Diese Fachkräfte gebe es – außer in der Gebäudewirtschaft – in der Stadtverwaltung nicht und freie Stellen müssen somit meist extern besetzt werden, was länger dauere, als eine interne Umbesetzung.

 

Bildquelle: Pressestelle Stadt Minden
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