Eine große Aufgabe für die Ausländerbehörde

Minden. Ein Tag in der Ausländerbehörde (ABH) einer 83.000-Einwohner-Stadt ist nie langweilig. Was aber die 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den vergangenen fünf Wochen leisten mussten, geht über den normalen „Alltag“ weit hinaus. So betätigten sich die Kolleginnen und Kollegen unter anderem als Bus-Organisator/innen, als ständige Begleiter/innen und als Postzusteller/innen. Einige Faxgeräte liefen buchstäblich heiß und mehr als 500 Datensätze mussten innerhalb weniger Wochen zwei Mal überarbeitet werden. Daneben standen noch die „normalen“ Leistungen, wie Beratungen, Rückkehrgespräche, Information und Soforthilfe in allen Fragen, die die Asylbewerber/innen und ausländischen Staatsbürger/innen haben, auf dem täglichen Programm. Aktuell leben 8.760 Personen mit einer anderen Staatsbürgerschaft als Deutsch in Minden.

 

Zu diesem „Ausnahmezustand“ in der städtischen Ausländerbehörde haben zwei große Sammeltransfers geführt. Rund 540 Asylsuchende aus Minden wurden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Außenstelle Bielefeld, zunächst zur Erstregistrierung nach Herford und nur 14 Tage später zur Asylantragstellung nach Bielefeld eingeladen. „Mehr als 500 Schreiben mussten zwei Mal innerhalb von zwei Wochen persönlich zugestellt werden, weil diese Briefe eine schriftliche Belehrung zur Termin-Verpflichtung enthielten, die von den Flüchtlingen unterzeichnet werden musste“, erläutert Helmut Kruse, Leiter des Bereiches Bürgerdienste, zu dem auch die Ausländerbehörde gehört. Fast alle betroffenen Flüchtlinge konnten so erreicht werden. Zehn Prozent „Ausfallquote“, was sehr niedrig ist, hatte die Mindener ABH nach dem ersten Termin zu verzeichnen, so Kruse. Für die persönliche Ansprache gab es sogar ein Lob vom BAMF.

 

Nicht nur die Zustellung der Briefe – hier haben bereichsübergreifend viele Kolleginnen und Kollegen mitgeholfen – sei sehr zeitaufwändig gewesen, weil die Flüchtlinge nicht erreicht werden konnten oder auch viele Fragen zu dem Schreiben hatten, sondern auch die Organisation und Abwicklung der Bustransfers. Für den Sammeltransfer zur Erstregistrierung sind an drei Tagen – am 19., 21. und 22. Juli – jeweils früh morgens mehrere Busse nach Herford gefahren, die die Flüchtlinge an verschiedenen – vorher festgelegten und im Schreiben genannten – Sammelpunkten abgeholt haben. An allen drei Tagen waren bis zu zehn Mitarbeiter/innen der Ausländerbehörde als Begleitung mit dabei. Die zur Registrierung eingeladenen Flüchtlinge waren lediglich im Besitz einer so genannten BÜMA (Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender). In Herford erhielten sie nach der Identitätsfeststellung, der Abgabe von Fingerabdrücken und einem Portrait den „Ankunftsnachweis“, ein Dokument ähnlich einem Ausweis.

 

Diese erfassten Daten wurden dann von Herford an die Mindener Ausländerbehörde übermittelt. „Das Problem hierbei ist, dass die Daten nicht einfach übernommen werden konnten, sondern manuell für jede Person in den angelegten Datensatz eingepflegt werden mussten“, erläutert eine Mitarbeiterin der ABH. Von den rund 50, nicht zum Registrierungstermin erschienenen Flüchtlingen bekommen die „Entschuldigten“, die beispielsweise einen Arzttermin hatten oder krank waren, einen neuen Sammeltermin.

 

Als die Übernahme der Daten von der Erstregistrierung noch nicht mal abgearbeitet war, erhielt die Stadt Minden dann am 20. Juli vom BAMF in Bielefeld die Mitteilung, dass alle gerade registrierten Flüchtlinge zu einem erneuten Termin eingeladen werden – dieses Mal zur Asylantragstellung. Mit nur einer Woche Vorlauf mussten erneut mehr als 500 Schreiben persönlich zugestellt und Busse organisiert werden. „Da die Transporte nicht früh morgens, sondern nachmittags erfolgten, haben wir einen zentralen Sammelpunkt auf Kanzlers Weide angegeben“, berichtet Helmut Kruse.

 

Die Flüchtlinge wurden an vier Tagen – am 27., 28. und 31. Juli, ein Sonntag, und am 1. August – erneut nach Herford gefahren, wo sie eine Nacht in einer ehemaligen Kaserne verbringen mussten, um dann am nächsten Tag in kleineren Gruppen nach Bielefeld zum BAMF gefahren zu werden. „Für diesen Pendelverkehr ist allerdings die Bezirksregierung Arnsberg zuständig“, erläutern die Mitarbeiter der Ausländerbehörde das komplizierte Verfahren. Das BAMF bearbeitet die Anträge zeitgleich immer nur für eine begrenzte Personenzahl, so dass der Rest der Mindener Gruppe „in der Warteschleife“ war. In der Herforder Kaserne wurden die Flüchtlinge – nicht nur die Mindener, sondern auch die aus dem Kreisgebiet – für die anstehenden Gespräche gesammelt.

 

Wenn an einem Tag alle Anträge gestellt waren, musste die Stadt Minden „ihre“ Flüchtlinge am Abend wieder gesammelt von Herford abholen. Es mussten zwölf Hin- und zwölf Rückfahrten – verteilt auf mehrere Tage – organisiert werden. „Logistisch eine ganz schöne Herausforderung“, so Kruse. Begleitet wurden auch diese Transporte wieder von Mitarbeiter/innen der Ausländerbehörde. Auch nach diesen Terminen wartet nun wieder eine Menge Arbeit auf die Ausländerbehörde. Zeitweilig lief das Faxgerät „heiß“. „Die Mitarbeiterin kam teilweise mit dem Nachlegen des Papiers gar nicht nach, weil so viele Daten vom BAMF ankamen“, beschreibt Helmut Kruse. Diese müssen nun erneut für jeden Asylsuchenden, der einen Antrag gestellt hat, aktualisiert werden.

 

Teilweise gebe es jetzt auch doppelte Fälle, weil das BAMF neue AZR-Nummern (Ausländerzentralregister) vergeben habe. „Das passiert, wenn plötzlich andere Namensschreibungen oder Geburtsdaten in den mit einem Dolmetscher geführten Gespräch genannt und eingegeben werden, als wir sie erfasst haben“, heißt es aus der ABH. Die doppelten AZR-Nummern für eine Person können aber nicht ohne Weiteres wieder gelöscht werden. Das geht nur nach einem Antrag an das Bundesverwaltungsamt, das mittlerweile mehr als 24.000 solcher Fälle „auf dem Tisch“ hat, berichtet Kruse. Solange könne die Mindener Ausländerbehörde auch keine Aufenthaltsgestattung ausgeben. Diese ersetzt nach der Antragstellung den erst vor drei Wochen ausgehändigten Ankunftsnachweis.

 

Für die Ausgabe der Aufenthaltsgestattungen durch die Ausländerbehörden – das eigentlich eine Aufgabe des BAMF ist – hat die Stadt nun für jeden einzelnen erwachsenen Flüchtling in den kommenden vier Wochen an drei Tagen Termine vergeben. Sie haben mit Erhalt der Gestattung den Status „Asylbewerber“. Damit ist das Verfahren aber noch nicht beendet, denn alle 540 Mindener Flüchtlinge müssen dann noch einmal nach Bielefeld zum BAMF, um ihr „großes Interview“ zu führen. Ob diese Maßnahme erneut gebündelt oder individuell erfolgt, ist der Stadt noch nicht bekannt.

 

Danach folgt die Entscheidung über das Asylbegehren. Die Fälle werden vom BAMF nach Staatsangehörigkeit abgearbeitet. „Momentan geht es bei Syrern, die fast immer eine Anerkennung erhalten, recht schnell. Auch Menschen aus dem Westbalkan können zügig mit einer erneuten Einladung rechnen. Sie haben allerdings wenig Chancen auf ein Bleiberecht“, so Kruse. Auch den Flüchtlingen aus Minden, die zur Registrierung und zur Asylantragstellung eingeladen wurden und „unentschuldigt gefehlt“ haben, droht nun die Aufforderung zur Rückkehr in ihr Heimatland.

 

Bildquelle: Pressestelle Stadt Minden

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