Eine ganz normale Familie mit Drogenproblem

(HN): Uns kann es nicht treffen glauben sehr viele.

 

 Als es gestern Abend gegen 19:00 Uhr klingelte und ich öffnete war ich erstaunt, den Sohn eines Bekannten dort stehen zu sehen. Alex sah nicht sehr gut aus, sehr mager, schmales Gesicht und etwas unruhig. Ich dachte schon, dass er mich wegen eines Jobs sprechen wollte, doch er hatte ein anderes Problem.
Seine Freundin aus Diepholz hätte den Zug verpasst und es fuhr kein weiterer diesen Abend. Er wollte sie deshalb mit dem Auto abholen und hätte nicht mehr genug Benzin und Geld, was ja bei Jugendlichen oder jungen Männern, er war so ca. 23 Jahre, nicht unüblich ist. Seine Eltern könnte er nicht erreichen, sagte er mir, ob ich ihm nicht mit etwas Geld aushelfen könnte. Er würde so 30 € brauchen und ich würde sie am Freitag zurück erhalten.

 

Das kam mir schon etwas merkwürdig vor, aber er hatte schon für mich gearbeitet und seine Eltern kannte ich sehr gut, so dass ich mir da keine weitergehenden Gedanken machte. Ein unbestimmtes Gefühl im Bauch bestand aber und dieses verstärkte sich noch, als er aus unserem Gespräch heraus fragte, ob er eine Banane erhalten könne, die in der Obstschale lag..
Ich hatte es eilig, da ich zum Sport wollte und musste mein Gespräch mit ihm daher abbrechen. Ich gab ihm die 30 € und verabschiedete ihn. Das mit der Banane blieb mir im Kopf und ich rief bei seinen Eltern an, um nachzufragen, was denn los sei, denn irgendwie hatte ich in Erinnerung, dass da doch Drogenprobleme bestanden hatten.
Nachdem ich meine Tasche gepackt hatte und sich mein Unbehagen verstärkte rief ich nochmals bei seinen Eltern an. Seine Mutter war am Telefon und sagte gleich, dass ich das Geld wohl nie wieder sehen würde. Ausgezogen sei der Alex nach Minden, da er nochmal zur Schule gehen wollte. Dafür hatte er seine Arbeit geschmissen, wo auch sein Vater arbeitete, der ihn dort untergebracht hatte, um ihn von den Drogen fern zu halten. Sie hätten schon so viel geweint, sagte seine Mutter, doch sie sähen keine Lösung mehr, da er wieder rückfällig geworden ist. Sie hätten alles versucht, der Junge hatte mehrere Therapien abgebrochen, waren bei der Drogenberatung und dort haben sie ihnen eindeutig und brutal gesagt, dass es keine Chance gibt, wenn der Junge nicht selber wolle. Sie mussten ihm schon den Haustürschlüssel abnehmen, weil er alles, was irgendwie Wert hatte, verkauft hat, um damit seine Drogen zu finanzieren. Den Fernseher, die Musikanlage und alle Einrichtungsgegenstände, die er weg bekam, wurden von ihm verkauft. Wenn die Eltern von der Arbeit zurück kamen fehlten ständig Sachen und so mussten sie ihn blutenden Herzens letztlich aus dem Haus weisen.
Ständig haben sie jetzt Gewissensbisse, was sie nur falsch gemacht hätten, die Schwester lebt in ständiger Sorge, dass er sich etwas antun könnte und die ganze Familie ist in Trauer und Schmerz.
Nicht nur ich wurde Opfer seiner Drogensucht, sondern alle, die er kennt und die noch nichts von seiner Sucht mitbekommen haben oder zu gutmütig sind, pumpt er an und leiht sich dort Geld, das er nie zurück gibt.
Freundschaften zerbrechen, seine Freundin musste sich von ihm trennen, da sie seine Sucht nicht mehr ertragen konnte.

 

Dabei haben seine Eltern ihn, soweit man das von außen sehen konnte, gut erzogen. Sie mussten hart arbeiten, um ihr Haus zu bauen und zu bezahlen. Die Kinder hatten ein eigenes Zimmer und die Mutter war herzensgut. Der Vater war ein hart arbeitender Mensch, der sich um seine Kinder kümmerte. Schon bei dem ersten Drogenbefund hat er sich um den Jungen gekümmert, ihn zur Therapie gebracht, bei seinem Arbeitgeber um eine Stelle für ihn gekämpft. Er hat ihn immer mitgenommen zur Arbeit und versucht, ihn aus dem Drogenmilieu heraus zu bekommen, doch es hat ihn wieder zurück geholt.

 

Kaum war der Junge weg von zu hause, traft er wieder auf sein altes Umfeld, seine anderen Drogenkumpels, die ihn wieder in die Sucht und Abhängigkeit hinunter zogen.
Es ist wie mit den Zigarettenrauchern, die wieder anfangen, weil andere ihnen nicht helfen sondern im Gegenteil jederzeit ihm eine Zigarette anbieten, um ihn zu locken und seine Festigkeit zu testen. Denn sie sind ebenso süchtig auch wenn sie behaupten, sie könnten jederzeit aufhören.

 

Das sagen alle Süchtigen.
Sie wollen nicht allein sein in ihrer Sucht, und wenn alle um sie herum rauchen, erweckt das den Anschein des Normalen.
Nun ist er wieder auf Heroin, der Droge die letztendlich zum Tode führt, die ausgrenzt, zu Beschaffungskriminalität führt und die totale Auslieferung an die Drogenhändler bedeutet. Ständig auf der Suche nach Geld, sei es durch Betrug, Einbrüche oder Überfälle, um die nötigen Drogen bezahlen zu können.
Keiner kann da helfen, wenn man nicht selbst die Stärke aufbringt. Keiner weiß, wie schlecht es einem erst gehen und wie tief man erst unten sein muss, bis man seine Abhängigkeit erkennen will. Nur wenn man es selbst will, besteht überhaupt eine Chance.
Er wird wohl im Gefängnis landen und ist verloren, glaubt seine Mutter, und es lässt sie verzweifeln, weil sie nichts machen kann. Absolut gar nichts, denn sie weiß, dass er sich nur selbst helfen kann.

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