Deutsche Pressefreiheit spezial

Scheinbar werden Bildbeweise zu Übergriffen während der Demonstrationen in Frankfurt im März 2012 gesucht. Wem solche nachgewiesen werden sollen, ist noch nicht klar.

Am frühen Morgen des gestrigen Mittwoch haben Beamte mindestens zehn Wohn- und Arbeitsräume von Fotojournalisten in Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg zeitgleich durchsucht. Dabei beschlagnahmten sie zahlreiche Computer und Speichermedien sowie Fotoausrüstung, in Freiburg wurden auch ein Mobiltelefon und Drucksachen beschlagnahmt. Laut Durchsuchungsbeschluss werden die Fotojournalisten nicht selbst einer Straftat verdächtigt oder beschuldigt. Vielmehr hofft die Frankfurter Staatsanwaltschaft, Beweise für unterstellte Straftaten von Teilnehmern einer Demonstration am 31. März 2012 in Frankfurt zu finden.

 

“Das ist ein Angriff auf die Pressefreiheit und auf demokratische Grundrechte insgesamt. Mit dieser Aktion wollen sich Polizei und Staatsanwaltschaft offenbar selbst einen Blankoscheck für Rechtsbruch und Schikane ausstellen. In Zukunft muss schon mit einer Hausdurchsuchung rechnen, wer beruflich über soziale Proteste berichtet”, sagte Martin Sommer vom Bündnis Blockupy Frankfurt. “Flächendeckende Hausdurchsuchungen bei Unverdächtigen sind an sich schon ein Skandal. Bedeutende Grundrechte einer demokratischen Gesellschaft werden mit Füßen getreten. Dass nun auch Journalisten eingeschüchtert und in ihrer Arbeit behindert werden, setzt dem die Krone auf.”

 

Besondere Brisanz gewinnt die gestrige Polizeiaktion aus Sicht des Blockupy-Bündnisses vor dem Hintergrund der Verbotsorgie während der Blockupy-Aktionstage vom 16. bis 19. Mai 2012 in Frankfurt am Main.

 

Roland Süß vom Blockupy-Bündnis: “Mit den Razzien von gestern setzen Polizei und Staatsanwaltschaft eine beispiellose Serie von Grundrechtsverletzungen fort. Letztes Jahr war es die Versammlungsfreiheit, wofür die Polizei nun Entschädigungen zahlen muss. Dieses Jahr ist es die Pressefreiheit. Es ist offensichtlich, dass eine breite Protestbewegung eingeschüchtert und kriminalisiert werden soll. Doch wir bleiben solidarisch mit allen, die für eine sozialere Gesellschaft streiten.”

 

Für den 31. Mai und 1. Juni dieses Jahres hat das Blockupy-Bündnis erneut europäische Aktionstage in Frankfurt am Main angekündigt. Am 17. Februar findet dazu ein weiteres bundesweites Mobilisierungstreffen in Frankfurt statt.

 

Justiz rügt Rechtbrüche von Stadt und Polizei bei Blockupy

Während der Blockupy-Tage 2012 hatte die Stadt ein umfassendes Versammlungsverbot erlassen, die Polizei verhängte gegen hunderte Anreisende unrechtmäßig Stadtverbote und sperrte die Frankfurter Innenstadt großflächig ab. Viele dieser Maßnahmen wurden nachträglich durch Gerichte als rechtswidrig erkannt, weitere Verfahren laufen. So hat das Amtsgericht Gießen kürzlich Protestierenden, die seinerzeit über Stunden festgehalten und an der Ausübung ihres Demonstrationsrechts gehindert wurden, Entschädigungszahlungen in Höhe von je 500 Euro zugesprochen. Auch hunderte im Vorfeld der Tage ausgesprochene Aufenthaltsverbote musste die Polizei wieder zurücknehmen; im Oktober entschied das Frankfurter Verwaltungsgericht, dass eine Kundgebung des “Komitees für Grundrechte und Demokratie” nicht hätte verboten werden dürfen. Bei der – gerichtlich genehmigten – Blockupy-Abschluss-Demonstration im Mai 2012 gingen 30.000 Menschen gegen die europaweite Verarmungspolitik und für Versammlungsfreiheit auf der Straße.

 

Kritik an Razzien auch von Gewerkschaft und Journalistenverband

In ersten Reaktionen haben auch Gewerkschaftsvertreter und Journalistenverbände die gestrigen Durchsuchungen als grundrechtswidrig kritisiert. “Medienvertreter sind keine Hilfspolizisten, und ihre Arbeit einzuschränken ist falsch”, sagte Verdi-Vertreter Andreas Köhn laut Tagesspiegel (6.2.2013). Cornelia Haß von der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion sagte: “Die durchgeführten Maßnahmen entbehren jeder Verhältnismäßigkeit und entsprechen keinerlei rechtsstaatlichen Standards.” (Pressemitteilung dju)

 

Weitere Informationen:

» Stellungnahme der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (dju)

 

Bildquellennachweis:  Siegfried Bellach / pixelio.de

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