Überraschende Erkenntnisse über die Grundwasserfauna – Sparkasse sponsert Untersuchungen mit 5.000 Euro

Überraschende Erkenntnisse über die Grundwasserfauna

Hannover. Die Landeshauptstadt Hannover und die Universität Koblenz-Landau haben im vergangenen Jahr an 49 Messstellen Untersuchungen des Grundwassers durchgeführt. Es wurden bereits einige Erkenntnisse über lebende Tierarten gewonnen, die mit Bakterien und Pilzen das Grundwasser reinigen. Mithilfe einer finanziellen Unterstützung durch die Sparkasse Hannover in Höhe von 5.000 Euro können nun vier weitere Messstellen analysiert werden, um detailliertere Kenntnisse über die Grundwasserfauna zu bekommen und zukünftig ein biologisches Grundwassermonitoring etablieren zu können. Die Beprobungen hat Dr. Hans Jürgen Hahn vom Institut für Grundwasserökologie der Universität Koblenz-Landau gestern und heute (19./20. September) durchgeführt.

Das Grundwasser-Screening im Jahr 2017, das im Rahmen einer Masterarbeit durchgeführt wurde, hat überraschende Ergebnisse geliefert: Insbesondere im südlichen Stadtgebiet wurde eine hohe Arten- und Individuenzahl angetroffen, darunter auch der Erstnachweis von Brunnenkrebsen in der norddeutschen Tiefebene. Biologische Grundwasseruntersuchungen sind als wichtige Ergänzung zu den bisher durchgeführten chemischen Untersuchungen zu betrachten, denn die Grundwasserfauna bietet den Vorteil, dass sie über ihre Lebensspanne dem gesamten im Grundwasser vorhandenen Stoffspektrum ausgesetzt ist und von daher einen wesentlich empfindlicheren Qualitätszeiger darstellt.

„Die Landeshauptstadt Hannover engagiert sich bekanntermaßen seit vielen Jahren für den Erhalt und die Förderung der biologischen Vielfalt. Biodiversität findet aber nicht nur an der Erdoberfläche statt. Die bisher durchgeführten Untersuchungen im Grundwasser haben gezeigt, dass es nicht nur eine wichtige Ressource ist, aus der der Großteil unseres Trinkwassers gewonnen wird, sondern auch ein schützenswerter, aber bisher leider kaum bekannter Lebensraum“, sagte Hannovers Erste Stadträtin und Wirtschafts- und Umweltdezernentin Sabine Tegtmeyer-Dette bei einem heutigen (20. September) Termin zur Probeentnahme. Sie führte weiter aus: „Dem vorsorgenden Grundwasserschutz misst die Stadt eine hohe Bedeutung bei und führt seit 2003 regelmäßig chemische Untersuchungen des Grundwassers durch, um Informationen über die Grundwasserqualität zu erhalten. Diese ist mit der Grundwasserfauna verknüpft, weil sauberes Grundwasser – und damit auch sauberes Trinkwasser – das Ergebnis biologischer Vorgänge ist. Für ein geplantes biologisches Grundwassermonitoring ist es erforderlich, weitere Messstellen in der nördlichen Stadthälfte von Hannover einzubeziehen. Diese Untersuchungen sind dank der finanziellen Unterstützung der Sparkasse Hannover nun kurzfristig möglich geworden.“

„Es ist immer wieder erstaunlich, wie vielfältig unser Ökosystem ist und von wie vielen Faktoren die Qualität unseres Grundwassers abhängt. Wir fördern hier ein sehr wichtiges und spannendes Projekt“, sagte Jens Bratherig, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Hannover, bei dem Vor-Ort-Termin. Er betonte: „Die Untersuchung der Grundwasserfauna ist eines von mehreren Projekten, deren Förderung die Sparkasse Hannover mit dem Absatz ihres nachhaltigen Sparkassenbriefes N+ verbindet.“

Hintergrund:

Grundwasser ist nicht nur eine wichtige Ressource, sondern der größte Lebensraum auf den Kontinenten. Im Grundwasser leben Hunderte von Tierarten, darunter lebende Fossilien, die älter als die Dinosaurier sind, aber die kaum jemand kennt. Deutschlandweit werden regelmäßig neue Tierarten im Grundwasser entdeckt. Trotzdem ist der Lebensraum Grundwasser bisher nur wenig erforscht.

Bekannt ist, dass sich die Grundwasserfauna in den verschiedenen Gebieten Deutschlands erheblich voneinander unterscheidet. In Süddeutschland (z.B. auf der Schwäbischen Alb oder im Oberrheintal) ist das Grundwasser artenreich besiedelt. Seit Jahrmillionen leben die Tiere dort im Untergrund und haben sich kaum ausgebreitet. Noch heute können an ihrem Vorkommen die alten Flussgebietsgrenzen erkannt werden. Ganz anders in Norddeutschland: Hier bedeckten während der letzten Million Jahre in mindestens vier großen Eiszeiten riesige Inlandeismassen für Jahrtausende das Land. Fast alles Leben wurde darunter vernichtet. Nach dem Ende der Eiszeit vor 12.000 Jahren wurde das Grundwasser Norddeutschlands nur teilweise wiederbesiedelt. Die Tierwelt des norddeutschen Grundwassers gilt deshalb bis heute als verarmt.

Um einen Überblick über die hannoversche Grundwasserfauna zu bekommen, hat der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün im Jahr 2017 von der Universität Koblenz-Landau ein Screening durchführen lassen. Konkret heißt das, dass an bisher 49 Stellen im Stadtgebiet Grundwassertiere gesammelt und dann im Landauer Labor bestimmt wurden, um zu ermitteln, ob und durch welche Tierarten das Grundwasser hier besiedelt ist. Dabei zeigte sich, dass sich, entgegen der ursprünglichen Erwartungen, im Untergrund von Hannover Einiges tummelt und hier auch Tiere leben, die man bisher nur aus Süddeutschland kannte. Dies gilt insbesondere für das südliche Stadtgebiet, wo Brunnenkrebse als lebende Fossilien erstmalig in der norddeutschen Tiefebene gefunden wurden.

Die Ergebnisse im Norden des Stadtgebietes entsprachen dagegen eher den ursprünglichen Erwartungen und zeigten eine dünnere Besiedlung mit sehr kleinen Tieren, die für die Norddeutsche Tiefebene typisch sind. Voraussetzung für tierisches Leben im Grundwasser ist ein entsprechend hoher Sauerstoffgehalt. Im nördlichen Stadtgebiet sind die Sauerstoffgehalte im Grundwasser häufig so niedrig, dass hier tierisches Leben nicht möglich ist. Deshalb befinden sich auch die meisten bisherigen Probeentnahmestellen in der südlichen Stadthälfte.

Langfristiges Ziel der Untersuchungen ist es, ein Messnetz für eine biologische Grundwasserüberwachung zu konzipieren und dieses möglichst, ergänzend zu dem bereits vorhandenen chemischen Monitoring, zu etablieren. Durch die dann regelmäßig erfolgende biologische Grundwasseruntersuchung und -überwachung kann dann, anhand von Änderungen der Individuenzahl oder deren Zusammensetzung, festgestellt werden, ob sich die Grundwasserqualität in Hannover verändert.

Mit den vier neu untersuchten Messstellen kann der Teil des Stadtgebietes abgedeckt werden, in dem der Sauerstoffgehalt des Grundwassers mindestens ein Milligramm pro Liter beträgt. Bei Gehalten darunter sind die Tierchen nicht lebensfähig.

Bildnachweis: pixabay.de

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