Bielefeld: Veranstaltung informierte über die Pflegereform

Am 26. Februar informierte der Pflegestützpunkt Bielefeld – eine Kooperation der Stadt Bielefeld mit den Pflegekassen AOK NordWest, Barmer GEK und BKK Gildemeister Seidensticker – über die neuen Leistungen nach dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz. Der mit 250 Besuchern gut besuchte Ratssaal war Beweis für die hohe Erwartung der Besucher auf mehr Leistungen aus der Pflegeversicherung. Viele erhoffen sich von der seit dem 1. Januar 2013 geltenden Pflegereform eine Erleichterung für ihren Pflegealltag, denn es werden immer noch drei Viertel aller Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt. Primäres Ziel des neuen Gesetzes ist die Leistungsverbesserung für demenzkranke Menschen, die auf eine ambulante Versorgung angewiesen sind.

 

Durch die Veranstaltung, die für zahlreiche gehörlose Menschen in Gebärdensprache übersetzt wurde, führte Gisela Krutwage vom Amt für soziale Leistungen, Abteilung Senioren und Menschen mit Behinderung.

 

Andreas Schwarz von der AOK NordWest erläuterte die Neuerungen des Gesetzes. Zukünftig erhalten auch Pflegebedürftige, die keine Pflegestufe erreichen, Leistungen der sogenannten „Pflegestufe 0“, vorausgesetzt der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) hat die eingeschränkte Alltagskompetenz diagnostiziert. Demenzkranke Menschen, die von ihren Angehörigen betreut werden, bekommen so im Rahmen der „Pflegestufe 0“ 120 Euro monatlich. Wenn ein Pflegedienst kommt, sind es 225 Euro.

 

Claudia Huxohl von der Wohnberatung der Stadt Bielefeld freute sich in der sich anschließenden Podiumsdiskussion, dass zukünftig für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen kein Eigenanteil mehr gefordert wird. Wenn eine bodengleiche Dusche für einen pflegebedürftigen Menschen notwendig ist, zahlt die Kasse 2.557 Euro, ohne wie bisher das Einkommen oder Vermögen zu prüfen. Wenn mindestens vier Pflegebedürftige und ihre Angehörigen eine Senioren-Wohngemeinschaft gründen, stehen ihnen ab sofort sogar 20.228 Euro für den barrierefreien Umbau zu.

 

Pflegeberaterin Claudia Baumgartner, die mit ihren Kolleginnen und Kollegen des Pflegestützpunktes im vergangenen Jahr rund 3000 Beratungsgespräche führte, erklärte, wie wichtig eine zeitnahe Entscheidung über die Pflegestufe für die Betroffenen ist. Auch hier greife das neue Gesetz: Kommt die Pflegekasse der Begutachtung nicht innerhalb von vier Wochen nach und kann auch keinen externen Gutachter bestellen, erhält der Pflegebedürftige für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung 70 Euro.

 

Nach dem Vortrag und der Podiumsdiskussion machten viele Besucher von dem Angebot Gebrauch, sich von den Fachleuten des Pflegestützpunktes individuell beraten zu lassen. Häufigste Frage war die nach den Leistungserhöhungen in den Pflegestufen 0, 1 und 2, die für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz gelten. Die eingeschränkte Alltagskompetenz liegt zum Beispiel vor, wenn Betroffene unkontrolliert die Wohnung verlassen und damit gefährdende Situationen verursachen oder nicht erkennen. Bei aller Kritik von Experten an dem neuen Gesetz, so Silke Aron, Teamleiterin der zentralen Beratungsstellen des Amtes für soziale Leistungen, sollte nicht verkannt werden, dass einige maßgebliche Erleichterungen für die Menschen hinzugekommen sind. Das Gesetz sei ein Schritt in die richtige Richtung auf dem Weg zu einem neuem Verständnis von Pflegebedürftigkeit – weg von dem bisher geltenden verrichtungsbezogenen Pflegebedürftigkeitsbegriff, denn dieser sei lediglich somatisch ausgerichtet. Wesentliche Aspekte – wie das Kommunikationsbedürfnis älterer Menschen und soziale Teilhabe – würden dabei ausgeblendet. Daher sei eine neue Definition der Pflegebedürftigkeit notwendig, die den Bedarf an allgemeiner Betreuung, Beaufsichtigung und Anleitung, insbesondere bei Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, berücksichtigt. Ein Expertenbeirat zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs habe dazu bereits wesentliche Vorarbeiten geleistet.

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