Wesertor-Quartier am Beginn des Planungsprozesses

Minden: Mit großer Mehrheit hat der Rat der Stadt Minden in der vergangenen Woche die Bauleitplanung für die Entwicklung des Wesertor-Quartiers „auf den Weg gebracht“. 42 Stadtverordnete stimmten für und neun gegen die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 920 im Stadtbezirk Innenstadt, die Änderung des Flächennutzungsplanes – hier Sanierungsrahmenplan – und die Erweiterung des „Zentralen Versorgungsbereiches Innenstadt“. Hintergrund hierfür sind Planungen des Hamburger Investors ECE, in diesem Areal ein Einkaufcenter zu errichten und das Quartier insgesamt aufzuwerten.

 

Bürgermeister Michael Buhre machte deutlich, dass sich die Stadt am Beginn eines Planungsprozesses befinde und dass Details noch im weiteren Verfahren durch die Politik festgelegt würden. „Wir haben hier ein Paket, das inhaltliche Grundlage und Ergebnis der drei Planungswerkstätten ist“, so Buhre. In Bezug auf Diskussionen zu Details des Centers, machte der Bürgermeister deutlich, dass die Stadt – auch in der Frage der Sortimente – über verschiedene Instrumente verfüge. Eines sei ein noch abzuschließender städtebaulicher Vertrag mit ECE.

 

In einem zweiten Beschluss – mit 47 Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung – sprach sich der Rat für die Fortsetzung des im Juni 2012 begonnenen, öffentlichen Beteiligungsprozesses aus. Der weitere Zeitplan sieht eine weitere, frühzeitige Bürgerbeteiligung in Zusammenhang mit drei Vorträgen am 17. Dezember zum städtebaulichen Entwicklungskonzept (Prof. Wolfgang Christ, Urban Index Institut Darmstadt und Bauhaus-Universität Weimar), am 15. Januar zum Einzelhandels-Verträglichkeitsgutachten (CIMA GmbH, Lübeck) und am 12. Februar zum Verkehrskonzept (SHP-Ingenieure, Hannover) vor. Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 19 Uhr im Großen Rathaussaal.

 

Ziel und Zweck der jetzt beschlossenen Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 920 ist es, im Bereich des Wesertors zwischen Bäckerstraße und Johanniskirchhof – unter Einbeziehung des jetzigen Bowling-Centers (früheres Desuma-Gebäude) an der Hellingstraße und des Parkhauses am Marienwall – planungsrechtliche Festsetzungen für das Einkaufcenter und das Umfeld zu schaffen. Der Satzungsbeschluss für die Bauleitplanung soll im Oktober 2013 gefasst werden.

 

Die ECE-Entwurfsplanungen sehen nach derzeitigem Stand ein so genanntes „4-Häuser-Konzept“ vor, das Andreas Jacob von der FIRU GmbH (Kaiserslautern) dem Rat als Ergebnis der drei Planungswerkstätten vorstellte. Die Gebäudeteile sollen über transparente Brücken oder ebenerdige Übergänge miteinander verbunden sein. Der Hertie-Komplex soll in seiner Struktur erhalten bleiben, wird aber eine völlig neue Gestaltung bekommen. Das derzeitige C&A-Gebäude und das Gebäude an der Hellingstraße sollen neu errichtet werden. Auch das jetzige Parkhaus am Marienwall wird einem Neubau weichen.

 

Derzeit noch ungelöst sei das Thema Tränke, so Jacob. Dieses müsse aber „baulich und immobilienwirtschaftlich angegangen werden, wenn die Weser an die Innenstadt herangeführt werden soll“. Weiter stellte er heraus, dass mit einer Aufwertung der Einkaufsqualität durch das Center Kaufkraft zurück in die Innenstadt kommt. Derzeit befinden sich 68 Prozent der Handelsflächen außerhalb der Innenstadt. „Ein schlechter Wert“, so der Diplom-Ingenieur. Seit 2006 sei die Kaufkraft in der Mindener Innenstadt um 50 Millionen Euro gesunken. Das hat die jüngste Untersuchung der CIMA GmbH ergeben.

 

Unter dem Titel „Shopping kann man nicht alleine“ stellte Professor Wolfgang Christ (Urban Index Institut, Weimar) seine städtebaulichen Untersuchungen vor. Der Betrachtungs-Raum in der Größe eines Quadratkilometers umfasste nahezu die gesamte Innenstadt. Christ zeigte anhand von Fotos schöne Ecken, aber auch lange, geschlossene Häuserfassaden und Sackgassen. Minden müsse seine guten Voraussetzungen als etablierter Handelsstandort nutzen, seine „Perlen und Ikonen“ (historische Häuser und Kirchen) putzen, Baulücken schließen und derzeit nicht vorhandene Verbindungen zwischen den Plätzen schaffen, empfahl der Experte.

 

Christ machte deutlich warum es so wichtig ist, über den engen Planungsraum Wesertor-Quartier hinauszudenken. So könnten Synergieeffekte erzielt werden. Auch müsse die Weser einbezogen werden. Hierfür hat der Stadtplaner und Architekt aus Weimar in der dritten Planungswerkstatt einen ersten Entwurf für einen Weserplatz oder auch „Stadtbalkon“ mit einem Schiffsmodell an der Weser und einer nachempfundenen Bastau als kleiner Flusslauf entworfen, der ein attraktiver Aufenthaltsort, aber auch Bühne sein könnte.

 

Zu Beginn seines Vortrags vor dem Rat hob Professor Christ hervor, dass erstmals in der Bundesrepublik Deutschland ein Investor nicht mit einem Konzept in die Stadt gekommen sei, sondern ein Konzept Schritt für Schritt zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern entwickelt habe.

 

 

Bildquellennachweis: Pressestelle Stadt Minden

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